Politik

Trumps Twitter-Diplomatie führt in die Geschichtsbücher

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Papst: „Bedeutungsvolle Geste“ ++ Trump lädt Kim ins Weiße Haus ++ Pufferzone zwischen Nord- und Südkorea wird „Symbol des Friedens“

Das überraschende Treffen zwischen Kim und Trump hat enorme Symbolkraft!

Auf eine Twitter-Nachricht folgten 24 Stunden hektische Diplomatie und eine weltpolitische Sensation: Nach jahrzehntelanger Feindschaft beider Länder hat Donald Trump (73) als erster amtierender US-Präsident nordkoreanischen Boden betreten. 19 Schritte läuft er hinein, 21 Schritte braucht er für den Rückweg. Seite an Seite mit Kim Jong-un. 40 Schritte für die Ewigkeit. 64 Sekunden dauert der Gastbesuch im Kim-Land – das reicht für einen Eintrag in die Geschichtsbücher.

Im innerkoreanischen Grenzort Panmunjom lächeln die beiden, haben offensichtlich Spaß daran, sich ein drittes Mal persönlich zu sehen. Das ist nicht selbstverständlich: Der letzte Gipfel in Hanoi (Vietnam) scheiterte im Februar, seither stockten die Gespräche. Jetzt kommt wieder Schwung in die Sache.

  • 1. US-Präsident in Nordkorea

    Trumps historischer Schritt

    US-Präsident Trump hatte spontan nach dem G20-Gipfel eine Einladung an den Nordkorea-Chef ausgesprochen – dann ging alles ganz schnell.

Trump war nach dem G20-Gipfel in Japan noch zu Gast in Südkorea. „Gestern habe ich mir so gedacht: Hey, wir sind hier“, hatte Trump kurz vor dem Treffen mit Kim gesagt. Dann könne man sich auch kurz sehen. Also habe er seine Twitter-Nachricht herausgegeben. „Nur Händeschütteln und Hallo sagen“ wolle er mit Kim, sagte Trump.

Sollte sich die Einladung tatsächlich so zugetragen haben, wäre dies ein äußerst ungewöhnliches Verfahren in der internationalen Diplomatie. Die tatsächliche Begegnung dauerte rund eine Stunde.

Nordkorea-Kenner Prof. Rüdiger Frank, der die Trump-Wagenkolonne vor Ort in Seoul beobachten konnte, zu BILD: „Damit ist der Stillstand, der nach dem Gipfel von Hanoi überraschend eingetreten war, erst einmal vorbei. Auch zeigt sich, wie neue Medien wie Twitter und autoritäre Führungspersönlichkeiten die Regeln der Diplomatie über den Haufen werfen können – was Vorhersagen noch schwerer macht, als sie es ohnehin schon sind.“

Die beiden Männer gingen in Panmunjom in einem symbolträchtigen Akt langsam aufeinander zu, ehe sie sich die Hände schüttelten.

Vier Monate nach ihrem gescheiterten Gipfel von Hanoi sagte Kim: „Ich habe nie erwartet, Sie an diesem Ort zu treffen.“ Trump ging dann über eine Betonschwelle, die die Grenzlinie zwischen beiden koreanischen Staaten markiert.

After some very important meetings, including my meeting with President Xi of China, I will be leaving Japan for South Korea (with President Moon). While there, if Chairman Kim of North Korea sees this, I would meet him at the Border/DMZ just to shake his hand and say Hello(?)!

— Donald J. Trump (@realDonaldTrump) June 28, 2019

Historischer Dreier

Kurz darauf schritt Kim an der Seite Trumps über die Grenzlinie ins südliche Nachbarland, mit dem Nordkorea trotz des Waffenstillstands von 1953 aus völkerrechtlicher Sicht immer noch im Kriegszustand ist. Im „House of Freedom“ setzten sich Trump und Kim zu einem fast einstündigen Gespräch zusammen, um anschließend gemeinsam den Präsidenten Südkoreas, Moon Jae-in, zu treffen.

So entstand eine weitere historische Aufnahme: Die drei Repräsentanten von Nordkorea, Südkorea und den USA gemeinsam auf einem Bild.

Eine Romanze mit Liebesbriefen

US-Medien sprachen von einer „Romanze“ der beiden ungleichen Politiker, die – nach dem Austausch zweier „Liebesbriefe“ in den vergangenen Monaten – nun einen neuen Höhepunkt erreicht habe.

Beide Politiker betonten ihr gutes persönliches Verhältnis, das Kim in einer seiner seltenen öffentlichen Äußerungen außerhalb des eigenen Landes als „exzellent“ beschrieb.

Und sogar noch weiter ging: „Ich hoffe, das kann die Grundlage für bessere Dinge sein, die niemand erwartet hatte“, sagte Kim. Das Treffen setzt eine Serie der Annäherung fort, die der südkoreanische Präsident Moon Jae-in und Kim Jong-un im April 2018 begonnen hatten.

Nordkorea-Experte Hartmut Koschyk betont die Bedeutung des südkoreanischen Präsidenten: „Sicher hat auch Moon Jae-in hinter den Kulissen eine vermittelnde Rolle gespielt! Alles in allem ist das ein diplomatischer Schachzug, den Trump, Kim und Moon wohl kaum jemand zugetraut hätte!“

„Beide spielen ein Spiel“

Möglicherweise könnte das Kurz-Treffen zu einem nächsten Gipfel der beiden Politiker führen – nach den Zusammenkünften in Singapur im Jahr 2018 und in Hanoi im Februar dieses Jahres bereits der dritte innerhalb von kürzester Zeit.

Unter Umständen findet eine Neuauflage in Washington statt. Das wäre ein neuerlicher symbolhafter Meilenstein in den bisher quasi nicht vorhandenen Beziehungen beider Länder. Trump hat eine Einladung ins Weiße Haus ausgesprochen. Geht es jetzt rasant weiter?

„Beide spielen ein Spiel, beide stehen unter Druck, beide haben Interessen. Wie das ausgeht, und welche Rolle Emotionen dabei spielen, das werden wir wohl erst wissen, wenn beide Herren ihre Memoiren veröffentlicht haben“, so Rüdiger Frank.

Trump, Südkoreas Präsident Moon Jae-in und wohl auch Kim wollen den festgefahrenen Gesprächen zur Atomabrüstung Nordkoreas wieder mehr Schwung geben. Persönliche Begegnungen sollen das Eis brechen.

Papst: „Bedeutungsvolle Geste“

Papst Franziskus hat das historische Treffen an der innerkoreanischen Grenze gelobt. „In den vergangenen Stunden haben wir in Korea ein gutes Beispiel für die Kultur der Begegnung erlebt“, sagte das Katholikenoberhaupt.

Franziskus äußerte die Hoffnung, dass „diese bedeutungsvolle Geste ein weiterer Schritt auf dem Weg des Friedens“ sein könne – und zwar nicht nur auf der koreanischen Halbinsel, sondern auf der ganzen Welt.

Trump geht mit dem bedeutungsvollen Treffen nun das Risiko eines späteren Scheiterns bewusst ein: Die spektakulären Bilder von der am stärksten gesicherten Grenze der Welt, an der sich noch immer eine Million Soldaten aus Süd- und Nordkorea gegenüberstehen, sind für den Wahlkämpfer Trump ein unschätzbarer und mächtiger Trumpf.

Nicht umsonst verweist er darauf, dass eine solche Begegnung, wie er sie erreicht hat, unter seinem Vorgänger Barack Obama nicht möglich gewesen wäre.

Vom „furchterregendsten Ort“ zum „Symbol des Friedens“

Der ehemalige US-Präsident Bill Clinton nannte Panmunjom einst den „furchterregendsten Ort der Erde“. Der frühere Bundespräsident Richard von Weizsäcker sprach vom „letzten Bollwerk des Kalten Kriegs“.

Stacheldraht, Elektrozäune und Gräben umgeben das Gemeinsame Sicherheitsareal (JSA), wie Panmunjom offiziell heißt. Hier wurde 1953 ein Waffenstillstand vereinbart. Er gilt noch immer, aber ein Friedensvertrag kam nie zustande.

Die vier Kilometer breite und 250 Kilometer lange entmilitarisierte Zone schafft einen streng bewachten Puffer zwischen beiden Staaten. Sie verläuft quer durch die Halbinsel entlang des 38. Breitengrades.

Im April 2018 wurde Panmunjom ein Ort der Hoffnung: Zum ersten Mal überschritt ein Machthaber des kommunistischen Nordens die Grenze und betrat südkoreanischen Boden. Moon sprach von einem Wandel Panmunjoms von „einem Symbol der Teilung in einen Geburtsort des Friedens“.

Im Zuge ihrer Annäherung machten beide Koreas Panmunjom im Herbst 2018 zur waffenfreien Zone. Jetzt wählte Donald Trump den Ort, um als erster amtierender US-Präsident nordkoreanischen Boden zu betreten.

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