Politik

„Auch bei uns im Land gibt es Wut“

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Von wegen stille Nacht …

Man muss auch mal streiten können – aber immer miteinander im Gespräch bleiben. Das sagt Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier (62) in seiner Weihnachtsansprache.

„Bei vielen von uns kommt zum Weihnachtsessen die Familie – vielleicht auch wieder die ganz bestimmten Verwandten, bei denen man schon vorher weiß, dass wir uns über Politik in die Haare kriegen“, sagte Steinmeier. „Ja, es wird nicht nur gesungen an Weihnachten, sondern manchmal auch gestritten.“

Das sei okay, so das Staatsoberhaupt. „Wir müssen wieder lernen zu streiten, ohne Schaum vorm Mund, und lernen, unsere Unterschiede auszuhalten.“

Viel schlimmer als sich nicht zu streiten sei nämlich, gar nicht mehr miteinander zu reden. Genau das beobachte er gerade in Deutschland. „Ich habe den Eindruck, wir Deutsche sprechen immer seltener miteinander“, warnte Steinmeier.

Vor allem in den sozialen Medien ist das laut dem Bundespräsidenten der Fall: „Da wird gegiftet, da ist Lärm und tägliche Empörung.“

Mit Blick unter anderem auf die Gelbwesten-Proteste in Frankreich sagte er: „Auch bei uns im Land gibt es Ungewissheit, gibt es Ängste, gibt es Wut.“ Steinmeiers Appell: „Wer Streit hat, kann sich auch wieder zusammenraufen.“

Und: Einen Kompromiss zu finden, sei keine Schwäche.

▶︎ Noch mehr mache ihm aber das Schweigen Sorgen. Immer mehr Menschen zögen sich „zurück in die eigene Blase, wo immer alle einer Meinung sind – auch einer Meinung darüber, wer nicht dazugehört“.

Deshalb stellte er klar: „Wir alle gehören zu diesem Land – unabhängig von Herkunft oder Hautfarbe, von Lebensanschauung oder Lieblingsmannschaft.“

Demokratie ist auch anstrengend

Demokratie ist laut Steinmeier keine Selbstläuferin, sie sei auch anstrengend. Aber wer sich streite, könne sich ja auch wieder versöhnen. „Das kennen wir von Weihnachten mit der Familie.“ Lösungen könne es aber eben nur geben, wenn man miteinander spreche und dem Gegenüber zuhöre.

Deshalb der Aufruf und gleichzeitiger Weihnachtswunsch von Steinmeier: „Sprechen Sie mit Menschen, die nicht Ihrer Meinung sind! Sprechen Sie ganz bewusst mal mit jemandem, über den Sie vielleicht schon eine Meinung haben, mit dem Sie aber sonst kein Wort gewechselt hätten.“

Das ist auch sein Vorsatz für das neue Jahr.

Weltweite Krisen, weil zu wenig gesprochen wird

Vieles, was in diesem Jahr in anderen Ländern passiert ist, hält Steinmeier für die Folgen fehlender Kommunikation: „Wir haben brennende Barrikaden in Paris erlebt, tiefe politische Gräben in den USA, Sorgen in Großbritannien wegen des Brexit, Zerreißproben für Europa in Ungarn, Italien und anderswo.“

▶︎ Deutschland sei dagegen nicht geschützt, aber: „Unsere Demokratie ist stark! Millionen Menschen sorgen dafür. Sie sorgen dafür.“ Viele Menschen engagieren sich ehrenamtlich, das sei wichtig.

Ausdrücklich bedankt er sich bei denjenigen, die an Weihnachten arbeiten – in Kranken- und Pflegehäusern, Polizeistationen, Feuerwachen.

Am Ende ein Ausblick des Bundespräsidenten: „Ich bin zuversichtlich für das, was kommt im nächsten Jahr. Und Zuversicht wünsche ich auch Ihnen ganz persönlich. Gesegnete Weihnachten!“

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