Politik

Was Sie am 29. März auf KEINEN Fall tun sollten

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… und was bei einem Chaos-Brexit droht, falls sie dennoch nach London reisen

Weniger als 100 Tage bis zum Brexit – und noch immer zeichnet sich nicht ab, wie sich die Blockade im britischen Parlament auflösen, wie sich doch noch eine Mehrheit für einen geordneten EU-Austritt (oder ein zweites Referendum zum EU-Verbleib) finden könnte.

Folge: Diese Woche haben Brüssel und London bekanntgegeben, wie sie sich für den Ernstfall – den Chaos-Brexit – wappnen. Zuvor hatte die britische Regierung Krisen-Szenarien ausarbeiten lassen, denen zufolge der Zusammenbruch der Medizin- und Lebensmittel-Verteilung droht. Das Kabinett von Theresa May hat vorsorglich 3500 Soldaten mobilisiert.

Was bedeutet der Hickhack für Normalbürger aus Deutschland, die eine Reise nach Großbritannien planen?

  • 100 Tage vor Tag X

    EU rüstet sich gegen totalen Brexit-Crash

    Einen Tag nach der britischen Regierung hat auch die EU-Seite neue Notfallpläne für den Fall eines Chaos-Brexit vorgestellt.

  • „Dark Ads“ auf Facebook

    DIESE geheime Hetzkampagne lockte die Briten in den Brexit

    Jahrhundert-Votum oder Jahrhundert-Beschiss? Der Wahlkampf der Brexit-Befürworter 2016 war noch viel schmutziger als bislang bekannt.

Wer Ärger vermeiden will, sollte sich mit dem Trip über den Ärmelkanal sputen, egal mit welchem Verkehrsmittel!

Möglicherweise nur noch bis zur entscheidenden Brexit-Parlamentsabstimmung (Mitte Januar) gilt, was aktuell in den Reise- und Sicherheitshinweisen des Auswärtige Amts zu Großbritannien zu lesen ist: „Änderungen in Bezug auf Aufenthaltsbestimmungen, den Reiseverkehr nach Großbritannien und Nordirland sowie den dortigen Zahlungsverkehr sind kurzfristig nicht zu erwarten.“

Danach KANN weiterhin alles glatt laufen. Doch es könnte auch die „absolute Katastrophe“ ihren Lauf nehmen, vor der Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker am Mittwoch warnte. Ein EU-Notprogramm könne nicht annähernd die Vorteile des Austrittsvertrags aufwiegen – „und natürlich auch nicht die Vorteile der EU-Mitgliedschaft“, hieß es in Brüssel.

Fakt ist: Wenn sich die große Politik auf beiden Seiten des Kanals auf einen Berg voller Probleme vorbereitet, können Touristen und Geschäftsreisende die Warnungen nicht ignorieren.

Risiko eins: Flugchaos

Wer rund um den 29. März nach Großbritannien fliegt, riskiert bei einem ungeordneten Brexit, für Tage festzusitzen. Zwar soll der Zugang für britische Flüge zum europäischen Luftraum um zwölf Monate verlängert werden. Aber nur, falls London den EU-Airlines die gleichen Rechte einräumt. Selbst in diesem Fall gäbe es über Nacht deutlich weniger Verbindungen in die EU. Ganz ausgeschlossen wären künftig Zwischenstopps.

Hintergrund: Verkehrsrechte, Betriebsgenehmigungen und Flugsicherheits-Bescheinigungen würden mit einem Schlag erlöschen.

Auch bei den Airlines gibt es Zündstoff: Die deutschen Ferienflieger Condor und Tuifly sind nach einem Brexit nicht mehr mehrheitlich in EU-Eigentum. Der irische Billigflieger Ryanair will die Stimmrechte von Nicht-EU-Aktionären begrenzen – um auf diese Weise seine Flugrechte zu sichern.

Risiko zwei: Visa- und Zoll-Ärger

Im Fall eines ungeordneten Brexits hat London zwei Optionen: Totalbruch oder Annahme der diese Woche von der EU-Seite vorgeschlagenen Not-Regeln.

Um im Reiseverkehr das Schlimmste zu verhindern, hat die EU-Kommission „visafreies Reisen“ für bis zu 90 Tage angeboten – falls London dies umgekehrt allen EU-Bürgern gewährt. Dieser wahrscheinliche Kompromiss, der sich auch für die gegenseitige Anerkennung der Führerscheine abzeichnet, löst aber noch nicht die Probleme beim Zoll: Reisedokumente für Haustiere, Versicherungsschutz, Einfuhr von Bargeld, der Import von Produkten tierischen Ursprungs – all dies müsste neu verhandelt werden.

Auch an deutschen Flughäfen drohen Zoll-Probleme: Güter, die aus dem Königreich in die Staatengemeinschaft kämen, müssten kontrolliert und verzollt werden. Die Bundesregierung hat bereits beschlossen, für diesen Fall 900 zusätzliche Zöllner zu rekrutieren.

Risiko drei: Straßengewalt

Die britische Polizei ist laut Medienberichten auf „soziale Unruhen“ über einen Zeitraum von drei Monaten VOR bis drei Monaten NACH dem Brexit eingestellt (Januar bis Juni). Grund ist die tiefe Spaltung der Gesellschaft in EU-Befürworter und -Gegner, die aufgestaute Wut, die sich auf der Straße entladen könnte.

Theresa May hat einen Punkt, wenn sie sagt, ein zweites Referendum würde die Spaltung noch vertiefen und das Vertrauen in die Demokratie untergraben, weil sich Millionen Bürger um ihren Willen betrogen fühlen würden.

Andererseits hat sich die Wahlkampagne der Brexit-Befürworter im Nachhinein als toxische Mischung aus falschen Versprechungen und üblen Verleumdungen in Bezug auf die EU entpuppt. Längst bereuen viele damalige Brexit-Befürworter ihr Votum von 2016 öffentlich.

Kommt May mit ihrem mit der EU verhandelten Abkommen durch das Parlament, würde das wohl „nur“ Brextremisten – die Hardliner – auf die Straße treiben. Alle anderen Optionen (und ganz besonders der Chaos-Brexit) würden breiten Bevölkerungsschichten verbittern. Enttäuschung über die politische Elite kann – siehe Frankreichs Gelbwesten – schnell in gewaltbereiten Protest umschlagen.

Risiko vier: Keine Hilfe in Notfällen

Um das Gesundheitssystem machen sich Experten besonders Sorgen: 37 Millionen Packungen an Medikamenten aus der EU kommen monatlich auf die Insel. Zwar gibt es einen gewissen Vorrat, der den Nachschub für Krankenhäuser und Apotheken sichert. Doch falls es zu Hamsterkäufen kommt, drohen Engpässe.

Keine Garantie gibt es für medizinische Hilfe in Notfällen. Bislang stehen Touristen dafür die kostenlosen Leistungen des staatlichen Gesundheitswesens („National Health Service“) offen, die Vorlage eines EU-Personalausweises genügt. Da die Kosten in britischen Privat-Krankenhäusern extrem hoch sind, empfiehlt das Auswärtige Amt bereits heute den Abschluss einer Kranken- und Rücktransportversicherung.

Risiko fünf: Plünderungen

Als unausweichlich gilt bei einem Chaos-Brexit der Zusammenbruch der Lieferkette über Calais (Frankreich) nach Dover, wo heute Zehntausend Lkw täglich Produkte ohne Zoll-Kontrolle ins Land bringen.

Die Pflicht zur Zoll-Abfertigung über Nacht würde alle Kapazitäten an Stellplätzen und Personal sprengen – ein totales Verkehrschaos droht. Und dadurch Verteilungskämpfe.

30 Prozent der Lebensmittel in UK stammen aus der EU, vom französischen Camembert über Gemüse aus Holland bis zu italienischen Mozzarella. „Vieles davon hat eine kurze Haltbarkeit“, warnt Politökonom Iain Begg von der London School Of Economics.

Briten sind halbleere Supermarktregale nicht gewohnt. Wie sie darauf in nervösen Zeiten reagieren würden – unklar.

Risiko sechs: Störungen im Zahlungsverkehr

Britische Banken und Versicherer verlieren bei einem Chaos-Brexit weitgehend den Zugang zur EU. Ein Notprogramm soll nach EU-Vorstellungen Finanztransaktionen über einen Zeitraum von zwölf Monaten sichern.

Was aber bei einem massiven Kursrutsch an der Börse und möglichen Panikverkäufen des Britischen Pfunds passieren würde, ist nicht absehbar.

Ärgerlicher Nebeneffekt des Brexits: Gebühren fürs Geldabheben, für die Nutzung von Kreditkarten oder fürs Telefonieren dürften für EU-Bürger drastisch steigen.

Risiko sieben: Jede Menge Ärger in Irland und Schottland

Die Schotten waren beim Referendum mehrheitlich gegen den Brexit, die Nordiren ebenfalls. In beiden Teilen des Vereinigten Königreichs drohen wahre Volksaufstände in Folge des Versagens der Regierung in London.

In Schottland werden Rufe nach einem zweiten Unabhängigkeits-Referendum immer lauter.

Vor allem auf der grünen Insel steht mehr auf dem Spiel als ein Wirtschaftsdesaster. Kern des Brexit-Abkommens ist, dass die Grenze zwischen dem EU-Staat Irland und dem britischen Nordirland offen bleibt. Neue Schlagbäume und Zollkontrollen würden von der Bevölkerung kaum akzeptiert: Rund 23 000 Pendler überqueren die praktisch unsichtbare Grenze täglich, im Monat sind es 177 000 Lkw.

Befürchtet wird zudem ein Wiederaufflammen des Nordirland-Konflikts (3000 Tote bis 1998) nach 20 Jahren Frieden. Unvergessen bei Briten wie Iren: Noch im Februar 1996, kurz vor der Fußball-EM in Engalnd, verübten IRA-Terroristen in London einen verheerenden Bombenanschlag.

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