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Was der junge Öko-Star (16) Trump sagen würde

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Unserer Reporterin erzählt sie ihre bewegende Geschichte

Quelle: BILD / Reuters, UN-Klimakonferenz
1:38 Min.

Nur Stunden, bevor ich Greta treffe, beschließt die Kohlekommission in Deutschland den Ausstieg. Damit ist möglicherweise auch der Hambacher Forst gerettet. Ich erzähle ihr davon, ihr Gesicht hellt sich auf und sie fragt hoffnungsvoll: „Zu wann? 2021?“ Ich muss verneinen, es ist 2038. Ihr Gesicht betrübt sich sofort wieder. „Das ist zu spät“, sagt sie.

Greta Thunberg (16) sitzt mit ihrem Vater Svante im Zug Richtung Kopenhagen. Ich bin in Hamburg dazugestiegen und begleite sie bis zur dänischen Hauptstadt. Gerade wurde die 16-Jährige auf Twitter dafür gebashed, dass sie aus einer Plastikflasche Wasser trinkt. Wie kann sie nur? „Sie hat ihre Metallflasche hier, aber das Wasser darin reicht ja nicht ewig“, sagt ihr Vater und schüttelt leicht seinen Kopf. „Wenn man unterwegs ist, kommt man nicht um Plastik herum. Es gibt keine Glasflaschen.“

Greta lächelt. Sie lässt sich nicht von Hatern auf Social-Media-Plattformen beirren. Gerade war sie für rund 51 Stunden auf dem Weltwirtschaftsforum in Davos und ist dafür, wenn sie wieder zu Hause in Stockholm ankommt, 65 Stunden mit dem Zug gefahren. Denn Greta steigt wegen der schlechten Ökobilanz schon seit Jahren nicht mehr in ein Flugzeug.

▶︎ „Unser Haus steht in Flammen. (…) Erwachsene sagen immer wieder: ‚Wir schulden es den jungen Menschen, ihnen Hoffnung zu geben.‘ Aber ich will eure Hoffnung nicht. Ich möchte nicht, dass ihr hoffnungsvoll seid. Ich will, dass ihr Panik bekommt. Ich will, dass ihr die Angst spürt, die ich spüre. Und ich will, dass ihr was tut.“

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Diese deutlichen Worte hinterließ Greta in Davos. Sie spricht aus, was Politiker schon längst nicht mehr hinbekommen. Und ihr wird zugehört! Besonders ihre Generation hat in der jungen Schwedin ihr Idol gefunden. Jeden Freitag schwänzen Tausende Schüler in Europa, Australien und mittlerweile auch in Nordamerika die Schule und gehen stattdessen demonstrieren. „Schulstreik für das Klima“ ist das Motto. Auf Twitter läuft die Aktion unter dem Hastag #fridaysforfuture.

Greta Thunberg ist die Erfinderin dieser Streiks. Seit dem 20. August 2018 macht sie das und steht mit ihrem Plakat „Skolstreijk för Klimatet“ jeden Freitag vor dem Parlament in Stockholm. Ihre langen Haare immer zu zwei Zöpfen geflochten. „Mein Leben hat so einen Sinn bekommen“, sagt sie in unserem Gespräch.

▶︎ Wie kam es überhaupt dazu, dass sich ein junges Mädchen so viele und ernsthafte Gedanken über dieses komplexe Thema macht? „Wir sahen in der Schule einen Film über die Plastikverschmutzung der Meere und wie Eisbären an diesem Müll gestorben sind, da war ich ungefähr zehn Jahre alt“, erzählt sie.

Danach war für sie nichts mehr wie vorher. „Jeder, der den Film sah, vergaß ihn dann auch wieder und machte einfach weiter wie bisher. Und ich dachte: Wie können sie nur über irgendwas anderes reden, nachdem sie das gesehen haben? Ich mag es nicht, wenn Menschen über etwas reden – aber dann etwas ganz anderes machen. Wie beim Klima. Jeder sagt, dass das wichtig ist – aber keiner ändert etwas. Ich fing an, mich darüber zu informieren und las viel. Und je mehr ich darüber las, desto mehr verstand ich. Da gibt es auch nichts misszuverstehen. Ich sprach mit meinen Eltern darüber …“

Doch vorher wurde Greta krank, sie wurde depressiv. „Ich ging nicht mehr zur Schule, ich aß nichts mehr, ich sprach nichts mehr. Ich war lange Zeit mit meinen Eltern zu Hause. Wir fingen an zu reden. Ich teilte ihnen meine Sorgen über die Umwelt mit und dass ich wirklich Angst habe. Nach einer Weile verstanden sie es und meinten, okay, wir tun etwas. Ich brachte sie dazu, nicht mehr zu fliegen. Meine Mutter ist eine Opernsängerin, sie musste fliegen, damit sie arbeiten konnte. Sie gab ihre Karriere für mich auf. Jetzt singt sie nur noch in Schweden, hauptsächlich Musical.“

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    Sie demonstrieren für mehr Klimaschutz. Mit Sprechchören wie „Hopp, hopp, hopp – Kohlestop!“ zogen Tausende Jugendliche durch Berlin.

Ihr Vater Swante bestätigt das, und noch immer kann man in seinem Gesicht sehen, wie ernst es um Greta stand. „Man muss bedenken, dass das alles nicht über Nacht passierte. Am Anfang wussten wir nicht, welches Problem sie denn hat. Also hörte sie auf zu essen und zu reden“, erklärt er. Bis ihre Eltern sie verstanden, ihr helfen konnten, Greta wieder aß und sprach und schließlich ihre Energie in ihren Aktionen bündeln konnte, für die sie jetzt berühmt ist – das alles war ein Prozess, der sich über Jahre hinzog, erzählt ihr Vater.

„Meine Frau und ich standen schon immer für Menschenrechte ein. Doch in der Meinung unserer Tochter lebten wir ein Leben, das absolut desaströs für unseren Planeten war. Greta nutzte die Essensverweigerung als ihren Weg der Kommunikation. Nach ein paar Monaten musste sie ins Krankenhaus, sie war runtergehungert und ihre Körpertemperatur war sehr niedrig.“

Sie konnte keine Treppen mehr gehen, und es wurde eine Frage von Leben und Tod. Für Gretas Eltern war das ein Weckruf. Sie blieben mit ihr für fast ein Jahr zu Hause, hörten ihr zu, waren schockiert, wie wenig sie über den Klimawandel wussten. Je mehr sie darüber lernten, desto mehr lernte Greta, wieder zu essen – was für sie körperlich alles andere als einfach war, nachdem sie so lange hungerte.

Greta sah durch ihre Freitags-Idee auf einmal auch wieder einen Sinn in ihrem Leben. Mittlerweile ist aus ihrem Schulstreik eine globale Bewegung geworden. „Ich mache das in einer Zeit, in der immer mehr Menschen aufwachen und sich darüber bewusst werden, dass der Klimawandel ein dringendes Problem ist. Hätte ich das vor einem Jahr gemacht, wäre es nicht so groß geworden. Es ist jetzt an der Zeit und ich zeige eine Methode, wie wir gehört werden können, weil wir ja auch noch nicht wählen dürfen.“

Der Zug nach Kopenhagen ist mittlerweile auf die Fähre in Puttgarden gefahren. Ein Hybrid-Schiff von Scandlines setzt die Passagiere von Deutschland nach Dänemark über. Diese Schiffe fahren mit einem Antrieb aus Diesel und Elektrizität und sparen damit einen CO₂-Ausstoß von etwa 15 000 Tonnen jährlich. Alle Menschen müssen aussteigen und sich auf den oberen Decks aufhalten. Im Zug sind auch Schüler aus Lübeck auf Klassenfahrt nach Schweden. Vier der Teenager entdecken Greta und werden ganz nervös. Sie wollen ein Foto mit ihrem Idol machen und erzählen aufgeregt, dass sie bei der Demonstration der Kohle-Gegner am Freitag in Berlin dabei waren. Auch ihnen liegt das Klima am Herzen. Sie sind alle erst 17 Jahre alt und haben ihre Zukunft noch komplett vor sich. Greta lächelt.

Weltweit bekannt wurde die junge Schwedin, nachdem sie eine Rede während der Klimakonferenz im polnischen Katowice hielt. Jetzt durfte sie auch auf dem Weltwirtschaftsforum in Davos sprechen. Auch Angela Merkel sprach dort über die Energiewende. „Sie ist besser als viele andere“, urteilt Greta über die Kanzlerin. „Aber auch sie tut nicht genug. Niemand macht bislang genug.“

Immer noch behaupten auch einige, dass der Klimawandel nicht menschengemacht ist. Donald Trump gehört dazu. Was würde Greta dem US-Präsidenten gern sagen?
„Ich bin mir sicher, dass unzählige Menschen ihm versucht haben, das zu erklären und ihn mit Fakten konfrontierten. Aber er hat nicht zugehört. Es würde also auch keinen Eindruck auf ihn machen, wenn ich etwas sage. Aber wenn ich ihn treffen würde, würde ich ihm sagen: ‚Wenn wir jetzt nicht etwas unternehmen, werden dich die Menschen später entweder auslachen oder hassen.‘“

Am Montag wird Greta wieder ganz normal zur Schule gehen. Und am Freitag wird sie mit ihrem Schulstreik-Plakat wieder vor dem Parlament in Stockholm stehen …

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