Politik

Warum ich mit meinem Sohn demonstriere

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Als mein Sohn am Donnerstagabend verkündete: „Ich gehe morgen für den Klimaschutz demonstrieren“, war ich erstaunt. Er hat gerade nicht YouTube, Fußball (und vielleicht noch Mädchen) im Kopf? Er will plötzlich für die Wende der Klimapolitik auf die Straße gehen? Er ist doch erst zwölf.

Meine Frage: „Willst du nur gehen, um dich vor Physik und Geschichte zu drücken?“ Seine Antwort war ziemlich direkt und sehr konkret: „Mama, wenn jeder denkt, einer alleine könnte nichts ändern, dann geht das hier alles vor die Hunde.“ Und damit hatte er mich. Und er hatte vor allem recht!

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Abends eine heftige Mail-Diskussion unter den Eltern der Klasse: Hingehen lassen, ja oder nein? Entschuldigung schreiben oder einfach unentschuldigt fehlen? Das hat im schlimmsten Fall Konsequenzen, erklärte ich auch meinem Sohn. Er dachte kurz nach. Dann: „Ist mir egal. Das hier ist wichtiger, da nehme ich auch einen Eintrag in Kauf.“

Die Generation YouTube und Instagram fängt an, sich politisch zu engagieren. Sie machen sich tatsächlich Gedanken über die Zukunft, und nicht nur über ihre eigene Zukunft. Das wollen wir doch! Das müssen wir unterstützen! Wir Eltern. Wir Erwachsenen. Auch wenn wir selbst irgendwann keine Rolle mehr spielen.

Ja, sie haben die Schulzeit gewählt, um ihrem Ärger Luft zu machen und mit ihren Forderungen vors Bundeskanzleramt zu ziehen. Sie haben Vorbilder. Busfahrer, Erzieher oder Angestellte im öffentlichen Dienst machen es vor – ebenfalls zu Recht. Vor ein paar Wochen streikten auch die Lehrer.

Wer in Deutschland in seiner Freizeit streikt, dem hört man nicht zu. Irgendwie muss es immer wehtun, damit es wirkt.

Ich kann und werde es unterstützen, wenn meine Kinder sich für ihre Zukunft interessieren und einsetzen. Formeln und Vokabeln lassen sich nachholen. Lernen, engagierte Bürger zu werden, nicht so oft.

Am Ende habe ich mich den Schülern heute angeschlossen, samt noch kleinerem Nachwuchs (5 Monate). Und ich war nicht die Einzige. Viele Lehrer verlegten ihren Unterricht kurzerhand auf die Straße. Unterrichtsstunden, die die Schüler nicht so schnell vergessen. Der Stoff ist nicht nur politisch. Geografie, Sozialkunde, auch Physik, Englisch oder Kunst – irgendwie steckt der Klimawandel in jedem Unterrichtsfach.

Dreisatz statt Welten-Rettung! Kann man fordern. Mir ist lieber: Aufrecht statt gebeugt!

*Inga Frenser (41) arbeitet bei BILD als stellvertretende Ressortleiterin Politik und Wirtschaft.

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