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„GetEUscht“ schreibt man jetzt mit EU

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Wer schon immer meinte, dass die EU ein Eurokraten-Monster mit undurchsichtigen Strukturen und Hinterzimmer-Klüngeln ist, der dürfte sich durch den Brüsseler Posten-Poker vollends bestätigt fühlen!

Versprochen war ein Spitzenkandidat, der dem geeinten Europa als EU-Kommissionspräsident ein Gesicht geben sollte. Der Sozialist Frans Timmermans und der konservative EVP-Kandidat Manfred Weber (CSU) traten in einem fairen Duell an, bereisten nahezu den gesamten Kontinent und trieben die Wahlbeteiligung in erfreuliche Höhen.

Das Ergebnis: Den Top-Job in Brüssel soll nun die deutsche Verteidigungsministerin Ursula von der Leyen (CDU) bekommen, die überhaupt nicht zur Wahl stand. Weber ist komplett aus dem Rennen, obwohl er die Wahl klar gewonnen hat, und Timmermans kriegt zum Trost eine Stellvertreterstelle in der Kommission.

Und als wäre dieses Posten-Billard über alle erdenklichen Banden noch nicht irre genug, sollte anfangs der Wahlverlierer Timmermans sogar den Sieger-Posten bekommen. Wahlen? Wozu eigentlich? Am Ende bekommen ohnehin alle irgendwie einen Job, bis die großen Spieler Macron und Merkel zufrieden sind.

„GetEUscht“ schreibt man jetzt mit EU!

Da fällt es kaum noch auf, dass es eigentlich der Kommissionspräsident selbst ist, der sich künftig seine Kommission als vertrauensvolles Team zusammenstellen müsste.

Womit wir beim unwürdigen Gezerre im EU-Rat selbst wären: Da wird Kanzlerin Angela Merkel (64, CDU) als machtvolle Siegerin gefeiert, die Europa einen deutschen Kommissionschef aufzwingt. In Wahrheit war Merkel die Getriebene, die den Wahlsieger Manfred Weber NICHT durchsetzen konnte und die sogar bereit war, den Wahlverlierer Timmermans zum Sieger umzurubeln, die den Aufstand darüber in ihrer eigenen Parteienfamilie völlig unterschätzt hatte und am Schluss die im Amt schon ordentlich ramponierte Verteidigungsministerin von der Leyen aus dem Hut zaubern musste.

Ihr Sieg für Deutschland ist eine Niederlage für Europa!

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Wirklich am Drücker saßen Frankreichs Präsident Emmanuel Macron, der das Spitzenkandidatenprinzip erfolgreich vom Tisch fegte, und Ungarns Premier Viktor Orbán, der sich im Verein mit Italiens Regierungschef Giuseppe Conte dafür rächte, dass ihn Weber zwei Monate vor der Europawahl aus der EVP kicken wollte.

Abgesehen von der privaten Karriere der Ursula von der Leyen, bleiben im Grunde nur Verlierer auf dem Schlachtfeld von Brüssel zurück:

★ Wenn das Europäische Parlament dieses Klüngel-Karussell um des lieben Friedens willen akzeptiert, kann es als Volksvertretung dichtmachen.

★ Blockiert es das Brüsseler Personalpaket, droht der EU eine institutionelle Lähmung auf Monate hinaus, die dem Brexit-Chaos in nichts nachsteht und den geplanten Ausstieg der Briten auch vom Festland her noch unberechenbarer macht.

★ Und wenn die SPD in Berlin über den Brüsseler Deal die GroKo platzen lässt, gerät auch noch Europas wichtigste Mittelmacht in Turbulenzen.

„Europa ist die Antwort“, plakatierte die SPD im Wahlkampf. Nur worauf, das ist hier die Frage.

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