Politik

Brexit-Politiker in Todesangst

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Abgeordnete lassen sich per „Panic Button“ mit der Polizei verbinden

Der Druck auf die britischen Unterhausabgeordneten, die in den nächsten Tagen über den Brexit entscheiden müssen, nimmt offenbar schlecht zu ertragende Ausmaße an.

Von immer neuen Hass-Attacken bis hin zu Morddrohungen berichtet der britische „Guardian“. Nach Informationen der Zeitung wächst die Zahl der Politiker, die sich mithilfe eines „Panic Button“ (Notfallknopf) zu Hause oder gar am Körper rund um die Uhr mit einer Polizeistation verbinden lassen. Besonders Frauen nehmen das Angebot an.

Das Schutzsystem für besonders gefährdete Personen, das auch die Polizei selbst nutzt, koste annähernd 1000 Pfund (1160 Euro) im Jahr.

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Politikerin twittert Hass-Mail eines Brexit-Befürworters

Die Angst vor körperlichen Übergriffen wächst in allen Lagern, besonders aber bei Gegnern eines EU-Austritts.

Bekannt wurde zuletzt eine anonyme Mail an die Labour-Abgeordnete Rupa Huq. Sie wurde als „ stinkende, schmutzige EU-Hure” verunglimpft, die „nach Bangladesch zurückkehren“ soll (zehn Jahre vor ihrer Geburt wanderten ihre Eltern von dort aus, Huq kennt das Land nur von Urlaubsreisen).

Die Politikerin machte die Mail des Rassisten namens John öffentlich, verbunden mit der Versicherung, sich nicht einschüchtern zu lassen in ihrem Kampf für ein zweites Referendum: „Die Demokratie endete nicht am 23. Juni 2016“, schrieb sie in Anspielung auf den Tag des siegreichen Brexit-Referendums.

Overnight email from "John":

I don't support Theresa May's deal

And won't be taking advice on "returning" to somewhere I've only holidayed to (been to Isle of Wight more often)

Democracy didn't end on 23/6/16, I will continue fight for a #peoplesvote so we all have final say pic.twitter.com/gowYqGNBFp

— Rupa Huq MP (@RupaHuq) March 3, 2019

Drei weitere Politikerinnen klagen an

Bereits im Januar hatte ein grölender Mob Brexit-Gegnerin Anna Soubry (62) vor laufenden BBC-Kameras als „Nazi“ verunglimpft und versucht, der Abgeordneten der konservativen Torys den Zutritt zum Parlament zu versperren. 60 Abgeordnete forderten unter dem Eindruck des Eklats Maßnahmen zu ihrem Schutz.

► Danach hatte die Labour-Abgeordnete Angela Rayner (38) berichtet, sie habe Vergewaltigungs- und andere Gewaltdrohungen erhalten, nachdem sie einen TV-Auftritt von Ex-Premier Tony Blair öffentlich gelobt hatte. Blair bezeichnete den Brexit wiederholt als „historischen Fehler“, setzt sich ebenfalls für ein zweites Referendum ein.

Anonym zitiert der „Guardian“ eine Abgeordnete mit den Worten, sie bekomme „jeden einzelnen Tag Morddrohungen“.

Sicherheit auch Thema im Unterhaus

Großbritannien nimmt die Drohungen ernst. Zu frisch sind die Erinnerungen: Auf dem Höhepunkt des Brexit-Wahlkampfs 2016 wurde die proeuropäische Labour Abgeordnete Jo Cox (†41) von einem „Britain First“ (Großbritannien zuerst) schreienden Attentäter angeschossen und niedergestochen.

Die Mutter zweier Kinder starb wenig später in einem Krankenhaus in Leeds. Nach kurzer Anstandspause ging der Brexit-Wahlkampf weiter.

Die konservative Ex-Ministerin Nicky Morgan (46) machte die „Bedrohung für unsere Demokratie und unsere Sicherheit“ jetzt auch im Parlament zum Thema. Hintergrund sind Befürchtungen, wegen der wegweisenden Brexit-Abstimmungen könnten die Spannungen kommende Woche noch zunehmen.

„Speaker“ John Bercow nannte es „inakzeptabel“, dass Frauen unverhältnismäßig oft zur Zielscheibe solcher Bedrohungen würden. Ob und wie der Personenschutz speziell in den nächste Tagen erhöht wird, wurde zunächst nicht bekannt.

Rätsel um drei Briefbomben mit Herzchen

Zusätzlichen Sicherheitsalarm löste in London am Vortag der Fund von drei kleinen, offenbar nur leicht gefährlichen Briefbomben aus. Die DIN-A4-Umschläge waren in der Nähe des London City Airports, des Flughafens Heathrow und am Bahnhof Waterloo gefunden worden. Darin befanden sich kleine gelbe Plastiktüten, wie Scotland Yard mitteilte.

Eine Anti-Terror-Einheit prüft dennoch, ob möglicherweise eine neue Bedrohung dahintersteckt: Mindestens zwei der drei Umschläge waren mit Herz-Briefmarken aus Irland frankiert. Dort wachsen Befürchtungen, eine neue Generation der IRA könnte den Terror aus Zeiten des Nordirland-Konflikts zurückbringen. Sind die Briefe eine Warnung?

Vor Brexit-Gegnerin Jo Cox hatte es ein Vierteljahrhundert über keine tödlichen Angriffe auf britische Politiker mehr gegeben. Das letzte Todesopfer, der konservative Ian Gow (†53), starb 1990 – durch eine Autobombe der IRA.

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