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Polnisches Gericht verurteilt ZDF wegen TV-Serie

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Das Gericht in Krakau sieht in “Unsere Mütter, unsere Väter” Soldaten der polnischen “Heimatarmee” im Zweiten Weltkrieg als Antisemiten dargestellt. Es fordert vom deutschen Sender eine Entschuldigung und Schadenersatz.

Volker Bruch (l.) und Tom Schilling als die Brüder Wilhelm und Friedhelm Winter in “Unsere Mütter, unsere Väter”

Im Fokus steht eine umstrittene Szene des ZDF-Dreiteilers “Unsere Mütter, unsere Väter”: Ein Vertreter der polnischen Untergrundorganisation “Heimatarmee” sagt angesichts eines Zuges mit KZ-Häftlingen, die er seinem Schicksal überlassen will: “Weil das Juden sind, und die sind schlimmer als die Kommunisten.”

AK-Soldaten als Antisemiten dargestellt?

Die polnische Seite sieht darin einen pauschalen Vorwurf, die “Heimatarmee” (Armia Krajowa, AK) sei eine antisemitische Organisation gewesen. Nach der Ausstrahlung der Serie im März 2013 in Deutschland folgten Proteste polnischer Veteranen und rechter Gruppen vor dem Sitz des ZDF-Studios in Warschau.

Das Gericht in Krakau urteilte nun, Soldaten der “Heimatarmee” würden nicht in Übereinstimmung mit der Wahrheit und inkorrekt dargestellt. Der zuständige Richter Kamil Grzesik erklärte, diese “Falschdarstellung” habe “direkte Auswirkungen” auf die “Ehre und Würde” des Klägers, des 94-jährigen AK-Veterans Zbigniew Radlowski. Dieser Überlebende eines Konzentrationslagers der Nazis und Retter von Juden während des Holocausts hatte die Klage mit Unterstützung des Verbands der AK-Veteranen angestrengt. In der Begründung des Gerichts heißt es weiter, die “Heimatarmee” habe nicht am Holocaust teilgenommen und die Mitglieder der Organisation hätten in der Mehrzahl keine antisemitische Einstellung gehabt.

Das Zweite Deutsche Fernsehen und die UFA-Produktionsfirma von “Unsere Mütter, unsere Väter” wurden dazu verurteilt, Radlowski eine Geldbuße von umgerechnet 5000 Euro zu bezahlen und im polnischen sowie im deutschen Fernsehen eine Entschuldigung zu veröffentlichen.

Katharina Schüttler (Greta), Tom Schilling (Friedhelm Winter) und Miriam Stein (Charlotte) bei den Dreharbeiten

ZDF geht in Berufung

Das ZDF kündigte umgehend Berufung gegen das Urteil an. Es teilte der Nachrichtenagentur Agence France-Presse (AFP) sein Bedauern darüber mit, dass das Gericht “der künstlerischen Freiheit nicht genügend Beachtung geschenkt” habe. Der Sender erinnerte daran, dass er bereits 2013 auf die Kritik an bestimmten Passagen reagiert habe.

Seinerzeit hatte das ZDF erklärt, man habe großen Wert “auf eine differenzierte Darstellung aller Figuren” gelegt. Dies betreffe auch die Menschen, denen der flüchtige deutsche Jude Viktor in Polen begegne, etwa eine Polin, die ihn schützt, oder den Sohn eines polnischen Bauern, der die beiden vor der Entdeckung durch die Deutschen rettet.

Der Dreiteiler handelt von fünf miteinander befreundeten jungen Deutschen während des Zweiten Weltkriegs. Einer von ihnen, Viktor, entkommt seiner Deportation ins NS-Vernichtungslager Auschwitz-Birkenau und schließt sich der “Heimatarmee” an.

Die ZDF-Miniserie wurde 2014 in New York mit dem Internationalen Emmy ausgezeichnet. Der Ableger des renommierten US-Fernsehpreises Emmy wird für TV-Produktionen außerhalb der USA vergeben.

se/pg (afp, epd)

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