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May will bis zum 30. Juni raus, Tusk will 12 Monate

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Der Bettelbrief der Briten ++ EU-Haushalts-Chef Oettinger schockt mit Brexit-Kosten für deutsche Steuerzahler ++ Großbritannien bereitet sich auf Europawahl vor

Quelle: Reuters
2:00 Min.

In London und Brüssel wird fieberhaft nach einem Kompromiss gesucht, um einen Chaos-Brexit ohne Abkommen doch noch zu verhindern.

EU-Ratspräsident Donald Tusk schlägt den Briten nun einen flexiblen Brexit-Aufschub von zwölf Monaten vor. Der Vorschlag „wird heute den Mitgliedstaaten vorgestellt“, sagte ein EU-Vertreter.

Premierministerin Theresa May will früher raus! Sie hat der EU in einem Brief eine Verlängerung der Brexit-Frist bis zum 30. Juni vorgeschlagen. Ferner heißt es, sollten die Parteien eine Vereinbarung früher ratifizieren können, soll ein früherer Ausstieg möglich sein.

Pikant: Es ist genau das Datum, was sie auch schon vor zwei Wochen gefordert hat. Damals haben sie die EU-Staaten damit abblitzen lassen.

Es sei frustrierend, dass der Prozess noch nicht zu einem „erfolgreichen und geordneten Abschluss“ gekommen sei, schreibt May in ihrem Brexit-Bettel-Brief weiter. Sie wolle Vorbereitungen für die Teilnahme an der Europawahl vom 23. bis 26. Mai treffen. An der wolle sie aber nur teilnehmen, wenn der Deal nicht rechtzeitig durch sei.

Der jetzt vorgesehene Brexit-Termin 12. April ist der letzte Tag, an dem Großbritannien die Wahl im Land einberufen kann.

Sollten die Gespräche mit der Opposition nicht zu einer Lösung führen, will May eine weitere Runde von Abstimmungen im Parlament über „klare Optionen“ abhalten. An das Ergebnis werde sich die Regierung halten, sofern die Opposition das auch tue. Dabei soll nach Informationen des „Guardian“ wohl auch ein zweites Referendum als Option zur Wahl stehen.

Mays Bettel-Brief entspricht der Forderung des Parlaments nach einer weiteren Verlängerung. Mit 313 zu 312 Stimmen hatte das Unterhaus ein Gesetz zur Verschiebung des Termins auf den Weg gebracht. Das Oberhaus hat darüber debattiert, mit einer Entscheidung wird aber erst am Montag gerechnet.

  • Briten-Talk bei „Maybrit Illner“

    Ex-Botschafter schockt mit makaberer Brexit-Zahl

    Das Thema am Donnerstagabend im ZDF-Talk: „Endstation harter Brexit – ohne Vertrag ins Chaos?“ Zu Gast war u.a.: Sir Peter Torry (70).

  • EU-Kommissar Oettinger Warnt

    Chaos-Brexit kostet deutsche Steuerzahler Milliarden!

    Die deutschen Steuerzahler müssen sich bei einem Chaos-Brexit auf eine Finanzspritze von mehreren Hundert Millionen Euro einstellen.

EU-Partner sind skeptisch

Nun sind die Staats- und Regierungschefs der verbleibenden 27 EU-Mitglieder am Zug. Sie müssten einer Verlängerung einstimmig zustimmen. Gibt es bis zum 12. April keine Lösung und auch keine Verlängerung, würde Großbritannien an diesem Tag ungeregelt aus der EU ausscheiden – mit weitreichenden negativen Folgen für die Wirtschaft und die Bürger.

▶︎ Frankreich hält es für verfrüht, den Briten eine weitere Brexit-Verlängerung zu gewähren. Ein Alternativplan als Voraussetzung dafür liege noch nicht vor, sagt ein Diplomat aus dem Umfeld von Staatschef Emmanuel Macron. Dass EU-Ratspräsident Donald Tusk laut Brüsseler Dipolmatenkreisen eine flexible Verlängerung von bis zu zwölf Monaten vorschlage, seien „ungeschickte“ Kommentare eines EU-Beamten.

▶︎ Die Bundesregierung will Mays Bettel-Brief nicht bewerten. Aus Sicht der Bundesregierung sei aber wichtig, dass die Briten nicht nur den Austritt aufschieben wollten, sondern dass sie auch anerkennen würden, dass sie dann Vorbereitungen für die Europa-Wahl treffen müssten, sagt Regierungssprecher Steffen Seibert.

Die Botschafter der verbleibenden 27 EU-Staaten wollen am frühen Nachmittag über das weitere Vorgehen beraten. Ob alle Staaten eine Verschiebung mittragen – und wenn ja, wie lange – ist offen. Mehrere Diplomaten sagten in Brüssel, es sei noch zu früh, das einzuschätzen.

Am Donnerstag führten May und Oppositionschef Jeremy Corbyn nach Angaben ihrer Büros „intensive Gespräche“. May trifft sich am Freitag erneut mit Corbyn, um doch noch einen Ausweg aus der Sackgasse zu finden. Die EU-Partner sind weiter skeptisch, die Notfall-Vorbereitungen für einen Chaos-Brexit laufen auf Hochtouren.

EU-Kommissar Oettinger warnt vor Brexit-Kosten

Fakt ist: Ein ungeregelter Austritt der Briten aus der EU könnte uns teuer zu stehen kommen!

EU-Haushaltskommissar Günther Oettinger warnt: Die deutschen Steuerzahler müssten sich bei einem Chaos-Brexit kurzfristig auf eine Finanzspritze von mehreren 100 Millionen Euro an die Europäische Union einstellen.

Oettinger sagte der Deutschen Presse-Agentur, „weniger als eine halbe Milliarde Euro“ müsste Deutschland dieses Jahr wohl zusätzlich übernehmen, falls Großbritannien ohne Vertrag aus der EU ausscheiden und keine EU-Beiträge mehr zahlen würde. Die Summe sei jedoch vergleichsweise klein, sagte Oettinger. „Das ist vertretbar.“

▶︎2019 entstünde bei einem No-Deal-Brexit ein Finanzloch von netto vier bis fünf Milliarden Euro, sagte der CDU-Politiker. 2020 wären es zwölf Milliarden, die zur Hälfte durch Einsparungen und zur anderen Hälfte durch zusätzliche Beiträge gedeckt werden sollten. Auch dann müsste Deutschland also nachschießen.

Die Wahrscheinlichkeit, dass Großbritannien am 12. April – also in einer Woche – tatsächlich ohne Vertrag ausscheidet, taxierte der deutsche Kommissar auf 50 Prozent.

Briten-Premierministerin May muss bis spätestens kommenden Mittwoch beim EU-Sondergipfel in Brüssel einen Plan vorlegen.

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