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Einst ziemlich beste Freunde: BVB-Misserfolg schürte Revier-Rivalität

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Stan Libuda (mit Pokal) spielte für beide Revierklubs – und das äußerst erfolgreich.


Stan Libuda gehört zur Schalker Jahrhundertelf – kein Problem, dass der Fußballer in den 60er-Jahren auch für Borussia Dortmund kickte. Während Kevin Großkreutz vom “Feinbild Nummer eins” spricht, steht Schalke sogar im Goldenen Buch der Stadt Dortmund.

Das Goldene Buch der Stadt Dortmund versammelt die Helden ihrer Zeit. Kaiser Wilhelm II. hat sich 1899 nach der Hafeneröffnung als Erster mit edler Feder in das kristallbesetzte Schmuckstück eingetragen. 35 Jahre später dann ist der wohl ungewöhnlichste Eintrag mit Tinte auf Büttenpapier geschrieben: Es sind die Unterschriften der Schalker Meister von 1934. Tatsächlich.

Hasst die Schalker: Kevin Großkreutz.

Vor der 175. Auflage des größten Derbys im deutschen Fußball (15.30 Uhr im Liveticker bei n-tv.de) wären die damaligen Szenen undenkbar. Die Schalker im Zug, nach einem Triumph schon 35 Kilometer vor Dortmund gestoppt, fast aus den Wagen gezerrt, heißt es, um sich im Land der Schwarz-Gelben feiern zu lassen. "Es herrschte eine tiefe Sympathie", sagt Gerd Kolbe, der die Derby-Geschichte als langjähriger BVB-Archivar bestens kennt.

Stan Libuda spielte bei Schalke – und beim BVB

Von Hass, Schlägereien und dergleichen war bis in die 1970er-Jahre hinein keine Spur. Zunächst, weil der BVB schlicht kein Konkurrent war: Bei den ersten Schalker Erfolgen kickte er in der Kreisklasse. "Die Schalker waren eine Art Aufbauhelfer des BVB", berichtet der Journalist Gregor Schnittker, der ein Buch über die Rivalität im Revier geschrieben hat. "Wenn Schalke Meister wurde, dann jubelte der ganze Kohlenpott."

So war das damals: Ernst Kuzorra arbeitete auf der Zeche "Consolidation", führte den FC Schalke zu Größe – und er trainierte für seinen Schwager Fritz Thelen 1935 übergangsweise die Borussia. Stan Libuda erzielte sein wichtigstes Tor für den BVB: Er schoss ihn 1966 zum Europapokalsieg gegen den FC Liverpool. Dann wechselte er zurück nach Schalke – wo er in die Jahrhundertelf gewählt wurde. Das war kein größeres Problem.

"Feindbild Nummer eins"

Und heutzutage? "Zu Schalke würde ich nie gehen. Das ist mein Feindbild Nummer eins. Die hasse ich wie die Pest", hat der spätere Weltmeister Kevin Großkreutz vor seinem Wechsel von Rot-Weiß Ahlen zum BVB gesagt. Wer die Seiten wechselt, gilt als "Verräter" wie beispielsweise Andreas Möller oder Jens Lehmann. Großaufgebote der Polizei schützen das Derby, bei dem es trotzdem manches Mal mächtig krachte.

Die übliche Folklore, Graffiti, Plakate, Flugzeuge mit Transparenten: "Das ist die Würze dieses Spiels und hochamüsant, solange es keine blutigen Nasen gibt", sagt Schnittker. Doch die gab es. 2007 trafen sich Funktionäre beider Vereine "zu einem G-2-Gipfel", wie die "FAZ" kommentierte. Totale Deeskalation. Der Grund: Schalke hatte drei Monate zuvor den fast sicher geglaubten Meistertitel noch verspielt – durch ein 0:2 in Dortmund.

Doch woher rührt die derart zelebrierte Rivalität? "Dabei spielt der sportliche Misserfolg des BVB eine Rolle. 1966 noch umjubelt, steigt man sechs Jahre später sang- und klanglos ab", sagt Schnittker. "Parallel dazu stellen die Schalker eine Mannschaft zusammen, die vielleicht die beste aller Zeiten ist." Diese allerdings versinkt im Bundesliga-Skandal. Fortan ist der FC Schalke der FC Meineid. Beim Derby bricht Gewalt aus: "Das war die Zeit der Duelle auf den Rängen mit Schlagringen und Fahrradketten."

Kaum zu glauben also, dass die Schalker in Dortmund im Goldenen Buch stehen – und dass die Dortmunder bis 1911 andere Trikotfarben hatten: Blau und Weiß.

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