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BVB gewinnt auch in Monaco: Dortmunds Favre gelingt Brachial-Rotation

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Bei Favres BVB passt derzeit alles – auch der zweite Anzug.

Von Felix Meininghaus, Monaco


Lucien Favre macht alles richtig: Beim Spiel im Fürstentum Monaco bringt Dortmunds Trainer neun frische Spieler, gewinnt die Partie und schnappt sich auch noch den Gruppensieg in der Champions League. Es passt halt einfach alles.

Vor Spielbeginn sangen sich die Dortmunder Fans erst einmal in Stimmung: "Die Nummer eins im Pott sind wir." Das hatte zwar nichts mit der Aufgabe in der Fußball-Champions-League zu tun, aber irgendwie mussten sie sich ja ablenken in dieser öden Atmosphäre. Offiziell 8000 Zuschauer hatten sich im Stade Louis II eingefunden, um der Partie der Association Sportive de Monaco gegen den BVB beizuwohnen, de facto werden es nicht mehr als die Hälfte gewesen sein. Wären nicht 1500 Fans aus Dortmund angereist, wäre es wesentlich leiser gewesen.

"Sehr speziell": Mario Götze.

Mario Götze fand es "sehr speziell, vor so einer Kulisse zu spielen", doch das war nach den 90 Minuten am Dienstag nicht mehr als eine Randnotiz. In erster Linie war es ein Abend, der für den BVB, der ja ohnehin schon seit Saisonbeginn auf Wolke sieben schwebt, einen überraschend erfreulichen Verlauf genommen hatte. Obwohl die Borussia mit ihrer Zweitbesetzung antrat – im Vergleich zum Derbysieg auf Schalke wechselte Trainer Lucien Favre seine Mannschaft auf neun Positionen – bestanden die Dortmunder die Prüfung und gewannen mit 2:0. Allerdings gegen einen erschreckend schwachen Gegner, der sich in einer epochalen sportlichen Krise befindet. In der französischen Liga kämpfen die Monegassen als Vorletzte des Zwanzigerfeldes ums Überleben, in der Königsklasse schieden sie chancenlos aus.

Den Dortmundern konnte das stümperhafte Auftreten des Gegners egal sein. Sie genossen den Augenblick, der dadurch versüßt wurde, dass Atletico Madrid in Brügge nicht über ein torloses Remis hinauskam, sodass sich der achtfache Deutsche Meister auf der Zielgeraden den Gruppensieg schnappte. Entsprechend gelöst war die Stimmung. Vereinschef Hans-Joachim Watzke sprach für alle, als er betonte, wie wichtig es sei, "dass wir nach dem erbärmlichen letzten Jahr mit zwei Punkten wieder eine sehr gute Visitenkarte abgeben". Es war sinnbildlich, dass sich für den BVB in Monaco der Kreis schloss. Schließlich fand das Bombenattentat auf den Mannschaftsbus, der den Verein in ein veritables Trauma taumeln ließ, vor einem Heimspiel gegen den Klub aus dem Fürstentum statt.

Der Kreis schließt sich

Watzke betonte, "dass es zwar momentan traumhaft für uns läuft, aber wir haben nach dem Anschlag auch lange gelitten". Diese Phase soll nun endgültig ad acta gelegt werden. "Wir sollten das jetzt langsam mal abhaken“, fordert Linksverteidiger Marcel Schmelzer, "und uns einfach nur freuen, dass es so gut läuft". Und das ist auch deshalb so, weil die Borussia in ihrer zweiten Reihe, für die sie nicht nur in der Bundesliga von der Konkurrenz beneidet wird, gut besetzt ist. "Es ist unsere große Stärke, dass wir über diese Breite verfügen", sagt Watzke.

Zwei Tore: Raphael Guerreiro, hier mit Julian Weigl.

Weil das Weiterkommen in der Königsklasse gesichert war und in der Liga bis Weihnachten gegen Bremen, in Düsseldorf und gegen Mönchengladbach noch drei anspruchsvolle Aufgaben warten, unterzog Trainer Lucien Favre seinem Team in Monaco einer Brachial-Rotation, die andere Klubs mit Sicherheit hätten straucheln lassen. Leistungsträger wie Axel Witsel, Marco Reus, Thomas Delaney, Jadon Sancho und Jacob Bruun Larsen traten die Dienstreise in den Süden Frankreichs gar nicht erst an und dürften am Samstag im Westfalenstadion entsprechend tatendurstig sein. Vor dem Abflug nach Monaco hatte Sebastian Kehl, Leiter der Lizenzspielerabteilung, gesagt, dieses Spiel sei "für einige die riesige Chance, auf sich aufmerksam zu machen". Nutzen konnten diese Bewerbungschance vor allem der zweifache Torschütze Raphael Guerreiro und der agile Rückkehrer Marcel Schmelzer.

"Ich fand Julian heute super"

Joachim Löw wird das kein Lächeln auf das Gesicht gezaubert haben. Schließlich spielt Guerreiro für die portugiesische Nationalmannschaft, während Schmelzer bei ihm schon seit Jahren keine Rolle mehr spielt. Jüngst bemängelte der Bundestrainer im ZDF-Sportstudio, "dass die deutschen Spieler beim BVB momentan ein bisschen auf der Strecke bleiben". Mario Götze, Julian Weigl, Mahmoud Dahoud, Maximilian Philipp – sie alle gehören zum erweiterten Kreis der Nationalmannschaft. Götze entschied die WM 2014 im Finale von Rio de Janeiro gegen Argentinien mit seinem Treffer in Verlängerung, auch Weigl hat schon Länderspiele für die deutsche A-Nationalmannschaft absolviert. Dahoud und Philipp gewannen mit der deutschen U21 den EM-Titel 2017. Doch derzeit kommen sie beim souveränen Spitzenreiter der Bundesliga nicht so zur Entfaltung, wie sie und der Bundestrainer es sich wünschen.

"Marco Reus ist der einzige deutsche Spieler, der derzeit beim BVB gesetzt ist", hat Löw richtig erkannt. Gefallen wird ihm das nicht, der Auftritt der zweiten Dortmunder Garde in Monaco dürfte Löw keine größere Hoffnung gegeben haben, dass sich am Ist-Zustand viel ändern wird. Watzke lobte Weigl zwar ("Ich fand Julian heute super"), doch damit wollte er wohl einem Spieler etwas Gutes tun, der in Dortmund auch in Zukunft keinen leichten Stand haben wird.

Aber mit den Befindlichkeiten des Bundestrainers mochte sich bei Borussia Dortmund niemand näher befassen an einem Abend, der so viel Erfreuliches bereithielt. Mario Götze, der den BVB in Abwesenheit der Leistungsträger als Kapitän auf das Spielfeld führte, betonte, es fühle sich "sehr gut an, das Spiel in dieser Besetzung zu gewinnen. Das ist keine Selbstverständlichkeit."

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