Politik

Brexit-Boris verwirrt mit Zick-Zack-Kurs

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Brexit-Experte: „Er hat sich für Trump und gegen seinen Diplomaten entschieden“ +++ Wer steckt hinter dem E-Mail-Skandal?

Das Rennen um die Nachfolge Theresa Mays als Premierminister Großbritanniens geht in die letzte Etappe. Brexit-Hardliner Boris Johnson liegt jüngsten Umfragen innerhalb der Tories zufolge haushoch vor Jeremy Hunt.

Und das, obwohl sich Ex-Außenminister Johnson in einer Diplomaten-Affäre, die die Insel momentan fast mehr beschäftigt als der Brexit selbst, durch sein Hin und Her sehr unbeliebt macht. Denn: Als er sich hinter den Diplomaten in den USA hätte stellen müssen, zeigte er Verständnis für seinen neuen Freund: US-Präsident Donald Trump.

Der Diplomat hatte die Trump-Regierung in vertraulichen Depeschen unter anderem als „unfähig“ bezeichnet. Die E-Mails wurden später an die Presse weitergegeben. Während sich Hunt während eines TV-Duells mit Johnson als die letzten verbliebenen Kandidaten klar hinter seinen Diplomaten stellte, sagte Johnson, er wolle nicht so „vermessen“ sein, die Entscheidung, ob Darroch zurücktreten solle oder nicht, vorwegzunehmen.

Als der Botschafter tags darauf seinen Posten räumte, war die Kritik an Johnson groß. Medien spekulierten, Johnsons Äußerung bei der TV-Debatte könnte den Ausschlag für die Entscheidung des Botschafters gegeben haben!

Außenstaatssekretär Alan Duncan wirft ihm vor, er habe Darroch fallen gelassen. Trump hatte den Botschafter in mehreren Twitter-Tiraden als „dummen Kerl“ und „aufgeblasenen Deppen“ bezeichnet. Darüber hinaus hatte er May scharf für ihren Brexit-Kurs angegriffen.

Am severely disappointed that Boris Johnson appears unwilling to stand up for our Ambassador to the US, our PM or our country. What does that tell you? Utter wimp when the crunch comes when he should be making a stand. Err… next PM??? #ITVDebate #HastobeHunt

— Sir Alan Duncan MP (@AlanDuncanMP) July 9, 2019

  • TV-Duell gegen Jeremy hunt

    Brexit-Boris bleibt trotz Patzern Favorit

    Die Kandidaten für das Amt des britischen Premierministers, Boris Johnson und Jeremy Hunt, standen sich im einzigen TV-Duell gegenüber.

  • US-Präsident teilt weiter aus

    Trump nennt Briten-Botschafter „sehr dummen Typ“

    Er lässt nicht locker: US-Präsident Donald Trump (73) legt im Zwist mit dem Briten-Botschafter nochmal kräftig nach.

Johnson auf einmal auf Darrochs Seite

Als Botschafter Darroch dann zurücktrat, biederte sich der (wahrscheinlich) nächste Premierminister beim Ex-Botschafter an und versuchte, ihm den Rücken zu stärken. In einem Interview mit „The Guardian“ sagte Johnson: „Ich habe eben gehört, dass Botschafter Darroch zurückgetreten ist. Das bedauere ich sehr, da Darroch ein exzellenter Diplomat war.“

Die britische Öffentlichkeit nahm ihm diesen Schritt sehr übel …

Der leitende Kolumnist der britischen „Times“ ging scharf mit Johnson ins Gericht. „Johnson ist noch nicht Premierminister und schon jetzt ist er ein furchtbarer Premierminister“, schrieb der erfahrene Politikkorrespondent auf Twitter.

Johnson is not even PM yet and he is already a dreadful PM.

— Philip Collins (@PCollinsTimes) July 10, 2019

Doch auch von US-Seite gab es scharfe Kritik an dem Handeln vom Brexit-Boris, weil Johnson und der „Brexsack“ Nigel Farage einer Meinung sind: Ginge es nach ihnen, sollten alle britischen Botschafter, die gegen den Brexit sind, ausgetauscht werden.

Der Ex-US-Botschafter in der EU, Anthony Gardner, warnte vor einem solchen Schritt. Er findet, Farage solle sich „schämen“, die diplomatische Integrität des Botschafters anzugreifen.

Farage said that anyone in UK civil service or military who doesn’t believe in Brexit should be removed. My jaw dropped. This is outrageous. It is fascistic to apply a single issue to determine “loyalty” as if we were in a war of religion. Shame on him.

— Anthony Gardner (@tonylgardner) July 10, 2019

Wer steckt hinter dem Skandal?

Die Frage, die sich alle nun stellen: Wer hat diese höchst geheimen Depeschen des Diplomaten geleaked? Der Fall ist sehr ernst. Die britische Polizei hat sich eingeschaltet, der Inlandsgeheimdienst MI5 leugnet nicht, dass auch er ermittelt, ob Hacker beteiligt waren.

Bisher halten Experten vier mögliche Theorien für realistisch: ein Angriff aus Russland, ein US-Spion, ein Brexit-Hardliner aus dem Außenministerium oder ein unzufriedener hoher Beamter.

Klar ist, dass der Fall eine Probe für die beiden Kandidaten auf den Premierministerposten darstellen würde. Wie die „Daily Mail“ schreibt, gehen viele Experten davon aus, dass ein Brexit-Hardliner den Leak vorangetrieben hat – um den Brexit-Gegner Kim Darroch loszuwerden. Denn: Was in der E-Mail über Trump gesagt wird, steht vermutlich auch in den Depeschen anderer westlicher Diplomaten.

Brexit-Experte erklärt Johnsons Kurs

Für Professor Iain Begg, Brexit-Experte an der renommierten London School of Economics, ist es eindeutig: Johnson hat sich verkalkuliert. „Er hat sich dafür entschieden, dass es wichtiger ist, Trump auf seiner Seite zu haben als seine Diplomaten“, so Begg zu BILD.

Begg verweist darauf, dass die Brexit-Hardliner, zu denen Johnson gehört, der festen Überzeugung sind, die Medien und das diplomatische Corps seien geschlossen gegen den Brexit. In seiner Rhetorik spürt man ein „gewisses Misstrauen“ Johnsons gegenüber dem Diplomaten. Seiner Meinung nach, so Begg, „stehen sie dem Brexit im Weg“. Und ja, das erinnert sehr an Trump.

Ob diese Affäre dem Exzentriker Johnson im Kampf um den Premierministerposten noch schaden könnte, bezweifelt der Brexit-Experte: „Es wird ihn ein paar Prozentpunkte kosten, doch am Ende wird Jeremy Hunt keine Chance mehr haben.“

Eines erkennt man jedoch: Boris Johnson ist ein impulsiver Politiker, der sich sehr nach Trumps Taktiken richtet. Die britische Öffentlichkeit bekommt in diesen Tagen einen klaren Blick darauf, wie ein Premierminister Johnson aussehen würde: „Er wird der Puddle von Trump sein“, urteilte Nick Boles, ein Tory-Abgeordneter im britischen Unterhaus.

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