Wirtschaft

Was die US-Börsen treibt

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Amerikanische Aktien haben eine glänzende Dekade hinter sich – und nun? Die Zinsen steigen und langlaufende US-Anleihen sind wieder attraktiv.

Steigende Zinsen machen Anleger nervös – wie hier an der Börse in Chicago am 26. September. Minuten zuvor hatte die US-Notenbank…

Trumps Doktrin eines „America First“ gilt auch an der Börse: Obwohl die amerikanische Notenbank gerade zum achten Mal seit Ende 2015 die Zinsen erhöht hat, laufen Aktien wie geschmiert. Dow Jones und S & P 500, Spiegel der 500 größten börsennotierten US-Unternehmen, erreichten gerade ein neues Allzeithoch. Gleichzeitig ist die Bedeutung börsennotierter US-Unternehmen im Weltmaßstab gewachsen: Hatten die US-Börsen, gemessen an der Marktkapitalisierung, also dem Börsenwert aller gehandelten Aktien, vor zehn Jahren nur einen Anteil von 32 Prozent, so sind es aktuell über 40 Prozent. Zum Vergleich: Der Dax steht an siebter Stelle mit 2,9 Prozent und hat im Zehnjahresvergleich verloren. Wer zuletzt nur auf den Dax oder den europäischen Leitindex EuroStoxx 50 gesetzt hatte, hat viel verpasst: In den vergangenen zwölf Monaten ging der Dow Jones knapp 19 Prozent nach oben, der S & P 500 fast 16. Beim Dax-Kursindex, der wie die US-Indizes die Dividenden nicht mitrechnet und daher der bessere Vergleichsmassstab ist, liegt das Jahresminus sogar bei 7,4 Prozent.

Seit 3500 Tagen kein Minus von mehr als 20 Prozent

Wie geht es weiter? Werden die USA langsam zum gefährlichen Terrain oder geht die Börsenhausse munter weiter? Die Meinungen sind geteilt. Warnende Stimmen argumentieren vor allem mit der langen Hausse und den inzwischen hohen Bewertungen: Im März 2019 wird es zehn Jahre her sein, dass US-Aktien Stärke zeigen. Seither hat der Dow Jones 300 Prozent zugelegt, sich also vervierfacht. Hinter dem S & P 500 liegt sogar ein Plus von 320 Prozent, und der Tech- Index Nasdaq schaffte sogar mehr als 500 Prozent. Knapp 3500 Tage – länger als je zuvor – haben US-Indizes keinen Kursrückgang um mehr als 20 Prozent hinnehmen müssen. Gleichzeitig sind amerikanische Aktien relativ teuer: Das Verhältnis zwischen Kursen und Gewinnen (KGV) im S & P 500 liegt bei 25,3 – das ist deutlich über dem statistischen Mittel von knapp 15. Gemessen an den Gewinnschätzungen für 2019 sinkt das KGV auf etwa 17. Zudem wurden in der letzten großen Hausse bis 2000 teils viel höhere Werte gemessen.

Sorgen bereiten die hohen Preise Dan Kemp, Anlagechef des Fondshauses Morningstar. Er glaubt sogar, dass Anlegern am US-Markt „ein verlorenes Jahrzehnt“ bevorstehen könnte, US-Aktien also unter dem Strich eine Dekade lang nicht mehr als eine Nullrendite abwerfen. Allerdings sei unklar, ab wann in den USA diese „Bewertungs-Anomalien“ korrigiert werden. Das könne in sechs Monaten geschehen, aber auch erst in drei oder vier Jahren. Den US-Markt für Staatsanleihen hält Kemp dagegen derzeit für den attraktivsten weltweit. Für neue staatliche Rentenpapiere, die „Treasuries“, erhält der Anleger bei zehn Jahren Laufzeit eine Rendite von 3,07 Prozent, für Zweijährige bereits 2,8 Prozent. Zum Vergleich: Wer dem deutschen Staat Geld leiht, wird für zehn Jahre mit jährlich 0,45 Prozent belohnt.

Auf größere Schwankungen vorbereitet sein

„Ein Ende des Bullenmarktes scheint derzeit nicht in Sicht“, argumentiert dagegen Ulrich Stephan, Chefanlagestratege der Deutschen Bank. Vor allem die Sektoren Industrie und Finanzen seien keineswegs hoch bewertet. Andere Branchen, etwa der High-Tech- und Social-Media- Sektor, seien zwar teuer, aber auch wachstumsstark und weiter interessant. Wer hier einsteigen wolle, müsse aber Umsätze und Gewinne zeitnah beobachten, rät Stephan. Auch auf größere Schwankungen müsse man vorbereitet sein.

Kapitalmarktstrategen wie Tilmann Galler von JP Morgan glauben auch nicht, dass der Handelskonflikt mit China den USA größere Dämpfer bescheren könnte. Dies liege daran, dass China deutlich mehr in die USA exportiere als umgekehrt. Zudem macht der US-Export nur acht Prozent der Wirtschaftsleistung aus, in China jedoch 20 Prozent. Dennoch gingen viele Investoren derzeit davon aus, dass sich das Wachstum dadurch leicht abschwächen könne. Im letzten Quartal wuchs die US-Wirtschaft um 4,2 Prozent im Vergleich zum Vorjahr.

Die DZ Bank weist darauf hin, dass gerade Firmen in der Agrar- und Autoindustrie, die ihre Lieferketten globalisiert hätten, unter dem Handelskonflikt stärker leiden könnten als andere Bereiche. An einen größeren Kollaps des gesamten US-Marktes glaubt die Bank nicht, zumal Branchen wie Tech, Banken oder Energie gegen steigende Zinsen wie auch höhere Handelshemmnisse immun seien.

Tech-Aktien sind nicht mehr allein die Treiber

Aditya Khowala, Manager beim britischen Fondshaus Fidelity, sieht die Zukunft für Anleger in den USA ebenfalls durchweg positiv: „Die US-Börsen“, glaubt Khowala, stünden wahrscheinlich „vor einem weiteren Jahrzehnt des Aufschwungs“, zumindest aber vor weiteren guten Jahren. Vor allem steigende Investitionen in Infrastruktur, in Digitalisierung und Automatisierung, eine sehr niedrige Arbeitslosenrate von 3,9 Prozent sowie Trumps Steuersenkungen und Deregulierungen seien treibende Kräfte. US-Unternehmen haben nach Steuersenkungen 100 Milliarden Dollar gespart, im kommenden Jahr werden es weitere 200 Milliarden sein. Im zweiten Quartal stiegen die Gewinne der Unternehmen im S & P 500 netto im Schnitt um 25 Prozent. Allerdings werde das Kursplus künftig nicht mehr hauptsächlich durch Technologiewerte getragen sein, so Khowala. Vielmehr rückten Aktien aus den Bereichen Industrie, Verteidigung und Gesundheit in den Fokus.

Wer am US-Aktienmarkt interessiert ist, kann die meisten Aktien über seine Bank entweder direkt (zu höheren Kosten) an der Wall Street oder auch in Euro an einer europäischen Börse kaufen. Aktiv gemanagte Fonds oder passive ETF, wie die Fondsindustrie zu Hunderten für den US-Aktien- und Anleihemarkt im Portfolio hat, bieten sich Anlegern an, die das Risiko eines Einzelinvestments senken möchten. Auch Anleihen sind problemlos über jede Bank zu beziehen.

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