Wirtschaft

Teurer als Goldman Sachs

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Der Finanzkonzern aus China sammelt 14 Milliarden Dollar ein und steigt zu einem der wertvollsten Fintechs auf.

Im Hauptquartier von Ant Financial in Hangzhou.

Ameisen sind im Kollektiv extrem intelligent. Gemeinsam finden sie die kürzesten Futterwege und transportieren Objekte, die sehr viel schwerer sind als sie selbst. Diese Stärke der Kleinen will sich auch der chinesische Handelskonzern Alibaba zunutze machen. Deshalb hat er seinen Finanzierungsarm nach Ameisen benannt – als Ant Financial. Das klingt süß, doch Ant Financial ist weder niedlich noch klein. Für eine halbe Milliarde Chinesen wickelt der Finanzkonzern bereits Zahlungen ab, gibt ihnen Kredite und legt ihre Gelder an. Um die Größe einschätzen zu können: Das ist in etwa so, als wenn eine Bank hierzulande sämtliche Einwohner der Europäischen Union als Kunden hätte.

Der Geldmarktfonds ist der größte weltweit

Bekannt ist Ant Financial für seinen Bezahldienst Alipay, mit dem Chinesen sowohl im Netz als auch über ihr Smartphone in Geschäften bezahlen können. Zum Konzern gehört aber zum Beispiel auch eine Vermögensverwaltung, deren Geldmarktfonds mittlerweile der größte weltweit ist. Entsprechend verwundert nicht, dass Ant Financial bei Investoren jetzt eine Rekordsumme eingesammelt hat: 14 Milliarden Dollar. Der chinesische Finanzkonzern, der Berichten zufolge 2019 an die Börse gehen soll, ist damit mindestens 150 Milliarden Dollar wert. Das macht ihn zu einer der wertvollsten Finanzfirmen weltweit und teurer als Goldman Sachs.

2014 brachte er Alibaba an die Börse

Gegründet worden ist Alipay – der Bezahldienst von Ant Financial, mit dem alles anfing – 2004 von Jack Ma. Der chinesische Milliardär hat den Dienst entwickeln lassen, um das Bezahlen auf seiner Handelsplattform Alibaba leichter zu machen. Über die Jahre ist daraus aber ein eigener lukrativer Geschäftsbereich entstanden. Noch bevor Ma Alibaba 2014 an die Börse gebracht hat, hat er Ant Financial abgespalten und als eigenständiges Unternehmen aufgestellt, an dem er selbst heute noch 33 Prozent hält.

Mit den Milliarden – unter den Investoren soll unter anderem der Stadtstaat Singapur sein – soll Ant Financial nun noch weiter wachsen. Schon jetzt wird der Bezahldienst Alipay längst nicht mehr nur in China angeboten. Vor allem in Südostasien und Indien hat der Dienst sich zuletzt verbreitet, auch in Europa ist er bereits aktiv. In Deutschland akzeptiert zum Beispiel die Drogeriemarktkette Rossmann den Dienst schon zum Bezahlen, auch an einigen deutschen Flughäfen kommt er zum Einsatz. Zahlen können damit hierzulande aber vorerst nur chinesische Touristen oder Studenten. Eine Ausweitung auf deutsche Nutzer ist bislang angeblich nicht geplant – was vermutlich am Datenschutz liegt.


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Der Score-Wert bestimmt nicht nur die Kreditwürdigkeit

Denn das Konzept von Ant Financial basiert darauf, möglichst viele Daten zu sammeln und zu nutzen. So hat die Kredittochter Zhima Credit etwa ein eigenes Scoring-Verfahren entwickelt. Dabei hängt die Kreditwürdigkeit der Kunden nicht nur davon ab, ob sie ihre Rechnungen pünktlich bezahlen – sondern auch, was sie konkret einkaufen und mit wem sie befreundet sind. Wäre ein solches Scoring-Verfahren hierzulande unvorstellbar, wird es in China bereitwillig genutzt. Denn nur wenn man das ScoringVerfahren durchlaufen hat, kann man andere Dienste nutzen und sich zum Beispiel ein Fahrrad per App ausleihen. Selbst in Dating-Plattformen ist der Score-Wert bereits integriert – hat ein Mann eine schlechte Kreditwürdigkeit, ist die Chance gering, dass er über die Plattform eine Frau findet.

China ist an den Daten des Unternehmens interessiert

Ein Beispiel, wie weit Ant Financial schon jetzt in das Leben des Einzelnen eingreift. Und es könnte noch extremer werden. Zwar ist der Konzern privatwirtschaftlich organisiert. Doch das hindert ihn nicht daran, mit dem chinesischen Staat zusammenzuarbeiten. Und der ist sehr an den Daten von Ant Financial interessiert. Er will sie für das eigene SozialKredit-System nutzen, das gerade aufgebaut wird: In dem bekommen die Bürger Plus- oder Minuspunkte, je nachdem, welche Bücher sie lesen, mit wem sie befreundet sind oder wo sie wohnen. Von der Gesamtpunktzahl soll abhängig gemacht werden, ob sie einen bestimmten Job bekommen oder auf welche Schule die Kinder geschickt werden. Für Ant Financial ist das ein lukratives Geschäft. Und es macht den Ameisenkonzern noch mächtiger.

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