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„Spiegel“-Chefs lassen ihre Verträge ruhen

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In der Affäre um gefälschte Reportagen ihres Ex-Mitarbeiters Claas Relotius (33) zieht die Chefredaktion des Magazins „Der Spiegel“ weitere personelle Konsequenzen.

Wie der designierte Chefredakteur Steffen Klusmann in einem Schreiben an die Mitarbeiter des Magazins erklärte, werden Ullrich Fichtner (Chefredakteur) und Matthias Geyer (Blattmacher, Ressort Gesellschaft) „ihre neuen Verträge erst mal aussetzen und ruhen lassen“, bis eine hausinterne Kommission die Relotius-Affäre „abschließend untersucht hat“.

Der Fälscher-Fall habe „bei einigen die Frage aufgeworfen, ob Ullrich Fichtner als Chefredakteur und Matthias Geyer als Blattmacher nach einem solchen Desaster eigentlich noch tragbar sind“, erklärte Klusmann in seinem Schreiben. Der eine (Fichtner) habe „Claas für den ,Spiegel‘ entdeckt, der andere hat ihn fest angestellt und bis zuletzt geführt“.

„Jeder ist austauschbar, nur mancher eben schwerer“

Beiden hätten Klusmann angeboten, „ihre Posten zur Verfügung zu stellen“, falls er, der designierte „Spiegel“-Chef, das für notwendig erachte. Klusmann schreibt dazu: „Wir können jetzt jeden, der enger mit Relotius zu tun hatte, zur Verantwortung ziehen, das lässt sich nach oben beliebig fortsetzen. Ich finde allerdings, Verantwortung sollte man dann übernehmen, wenn man sich etwas vorzuwerfen hat.“ Fichtner habe die Bedenken gegen Relotius‘ Arbeit ernst genommen, in seinem Text zu dem Fall „die Hosen runtergelassen“ und damit einen ersten und entscheidenden Beitrag zur Aufklärung geleistet. Außerdem müsse man aufpassen, dass der „Spiegel“ arbeitsfähig bleibe. „Klar, jeder ist austauschbar, nur mancher eben schwerer.“

Klusmann schreibt den „Spiegel“-Mitarbeitern, er wolle den „Fall Relotius hier nicht leichtfertig abtun. Dafür ist er zu groß und gefährlich. Und er ist noch lange nicht ausgestanden. (…) Eine Reihe von Kollegen hat mich in den vergangenen Tagen gebeten, dafür Sorge zu tragen, dass die Causa Relotius nicht zur Begleichung alter Rechnungen im Haus missbraucht wird. Ich fürchte, dafür müsst ihr auch selbst Sorge tragen.“

Man habe ihm sogar geraten, das Gesellschaftsressort gleich ganz aufzulösen, schreibt Klusmann. Aber: „Die Gesellschaft gehört für mich zum ,Spiegel‘ wie das Investigativteam, beides schmückt uns, beides zählt aus meiner Sicht zu DNA des Hauses, sofern die Geschichten nicht erfunden sind.“

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Hintergrund: Ex-„Spiegel“-Mann Relotius, dessen Reportagen in Deutschland preisgekrönt waren und der von CNN 2014 als „Journalist des Jahres“ geadelt wurde, hatte in seinen Geschichten Personen, Zitate, Szenen oder Fakten erfunden oder verdreht.

Aufgedeckt wurde der Skandal von seinem Kollegen Juan Moreno – dessen Skepsis an Relotius’ Arbeit zunächst auf taube Ohren in der Redaktion stieß. „Die haben mir einfach nicht geglaubt“, sagte Moreno in einem von „Spiegel Online“ veröffentlichten Video über den Versuch, seinen Chefs von dem Lügen-Reporter zu berichten. Am 19. Dezember gab der „Spiegel“ den Fälschungs-Skandal in eigener Sache bekannt, zwei Tage nach Relotius’ Kündigung.

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