Wirtschaft

Ost-Beschäftigte arbeiten bei geringeren Löhnen länger

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Fast 30 Jahre nach Mauerfall sind die Verhältnisse quer durch die Republik nicht überall gleich. Das gilt für niedrigere Ost-Gehälter – und für Arbeitszeiten

Ein Arbeiter im brandenburgischen Schwedt schleift mit einem Trennschneider an einem Rohr in einer Rohölverarbeitungsanlage.

Für die Beschäftigten im vereinten Deutschland ist der Arbeitsmarkt immer noch geteilt: In den neuen Ländern mit Berlin wird im Schnitt weiterhin länger gearbeitet als im Westen – 67 Stunden mehr waren es im vergangenen Jahr. Zugleich lagen die Jahreslöhne in den alten Ländern im Schnitt um fast 5000 Euro höher als im Osten.

Das ergeben Daten der Statistischen Ämter von Bund und Ländern, die die Linke-Bundestagsfraktion ausgewertet hat. Dabei gibt es über die Jahre durchaus eine Annäherung. Aus Expertensicht sind regionale Unterschiede nicht ganz auszugleichen – auch zwischen West und West.


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In den alten Ländern leisteten Arbeitnehmer im vergangenen Jahr im Schnitt 1279 Stunden. Im Osten einschließlich Berlins waren es 1346 Stunden. Wird Berlin dem Westen zugerechnet, vergrößert sich die Differenz noch, und im Osten sind es nicht nur 67, sondern 75 Stunden mehr. Am längsten gearbeitet wurde in Thüringen mit 1371 Stunden. Es folgen Sachsen-Anhalt mit 1362 und Mecklenburg-Vorpommern mit 1353 Stunden je Arbeitnehmer. Am wenigsten waren es in Nordrhein-Westfalen (1261 Stunden), im Saarland (1259) und in Rheinland-Pfalz (1255).

Unterschiede bei Bezahlung

Dem steht weiter ein Vorsprung West bei der Bezahlung gegenüber. In den alten Ländern lagen die Jahres-Bruttolöhne je Arbeitnehmer 2017 mit 35 084 Euro klar höher als in den neuen Ländern mit 30 172 Euro. Bundesweit Spitze war Hamburg mit 40 771 Euro, gefolgt von Hessen (37 832 Euro) und Baden-Württemberg (36 786 Euro). Am wenigsten verdienten Arbeitnehmer in Mecklenburg-Vorpommern (27 520 Euro), davor lagen Sachsen-Anhalt (28 607 Euro) und Brandenburg (28 715 Euro).

Die Linke-Sozialexpertin Sabine Zimmermann sagte der Deutschen Presse-Agentur: „Die Bundesregierung hat sich offensichtlich mit einem Sonderarbeitsmarkt Ost abgefunden. Das ist nicht akzeptabel.“ Wesentlicher Schlüssel für eine weitere Angleichung sei, die im Osten schwächere Tarifbindung zu stärken. Niedrigstlöhnen und prekärer Beschäftigung müsse deutschlandweit der Kampf angesagt werden, etwa durch eine Erhöhung des Mindestlohns auf 12 Euro pro Stunde.

Die Ost-West-Gegensätze zeigen sich schon seit Jahren. Im Westen spielen Minijobs mit vergleichsweise wenigen Stunden eine deutlich größere Rolle – oft auch zum Aufbessern des Haushaltsbudgets, wie Karl Brenke, Experte des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung (DIW), sagte. „Im Osten ist es eher so, dass man einen regulären Job anstrebt.“ In den neuen Ländern gebe es in Betrieben mit zehn und mehr Beschäftigten 7,1 Prozent Minijobber – im Westen 11,4 Prozent.

Dazu kommen Tarif-Unterschiede. Wochenarbeitszeiten von 40 Stunden hatten im Westen noch acht Prozent der Tarifbeschäftigten, im Osten aber 40 Prozent, wie das Wirtschafts- und Sozialwissenschaftliche Institut der gewerkschaftsnahen Hans-Böckler-Stiftung ermittelte.

Dann ist da die Bezahlung. Im Osten gebe es überwiegend Jobs mit mittlerer Qualifikation, sagte DIW-Experte Brenke. Dagegen sei die Streuung im Westen größer – mit mehr einfacher Arbeit, aber auch sehr vielen hochwertigen Tätigkeiten. Nach wie vor fehlen im Osten auch Konzernzentralen mit besser bezahlten Positionen in Management, Forschung und Entwicklung. Über die Kaufkraft sagt die Höhe der Löhne allein aber noch nichts aus – das hängt von Lebenshaltungskosten etwa für Mieten oder Lebensmittel ab, die sich regional unterscheiden.

Unterschiede schrumpfen

Dabei ist in der Statistik eine Annäherung zu erkennen, auch wenn über das Tempo diskutiert wird. Arbeiteten Beschäftigte im Osten nun 67 Stunden länger als im Westen, waren es im Jahr 2000 noch 147 Stunden gewesen. Bei den Jahreslöhnen verringerte sich der Rückstand des Ostens seit 1991 von 9201 Euro auf 4912 Euro.

Die Gleichwertigkeit der Lebensverhältnisse will auch die große Koalition stärker in den Blick nehmen. Dabei stößt Regionalförderung an Grenzen, wie DIW-Experte Brenke erklärte. Trotzdem seien Löhne im Bayerischen Wald und in Ostfriesland niedriger als in München und Hamburg. „Man wird mit solchen regionalen Unterschieden leben müssen.“ (dpa)

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