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„Lasst mein Baby nicht in Syrien sterben!“

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Quelle: BILD
1:40 Min.

Sie schloss sich einst ISIS an, flüchtete dann mit ihren drei Kindern vor der Terrorgruppe – und fürchtet jetzt in einem kurdischen Camp um das Leben ihres jüngsten Babys. Die Berlinerin Jessica (Name geändert) bittet die Bundesregierung, ihr Kleinkind aus Nordsyrien zu retten.

Ihr fünf Monate altes Mädchen Sofia leidet an einem Wasserkopf, einer krankhaften Einlagerung von Flüssigkeit. Da der Druck im sich entwickelnden Schädel ansteigt und Teile des Gehirns eingequetscht, kann die Krankheit ohne Operation tödlich verlaufen. Als BILD Jessica und Sofia in dem Camp besucht, ist das Baby zunächst apathisch, schreit dann jedoch, wohl auch infolge des Kopfschmerzes, den die Flüssigkeit verursacht.

„Sie isst kaum noch, ist stark abgemagert. An manchen Tagen ist sie wach, an anderen schläft sie fast nur“, sagt Jessica zu BILD. Die junge Mutter ist verzweifelt. Sie fürchtet den Tod ihrer Tochter, wenn es keine medizinische Hilfe gibt. Sie appelliert an die deutschen Behörden: „Ich weiß, dass es meine Schuld ist, dass meine Kinder in dieser Lage sind – aber lassen Sie mein Kind nicht für meinen Fehler büßen. Ich bitte das Auswärtige Amt: Lassen Sie mein Baby nicht sterben!“

Kann Jessica mit der Hilfe deutscher Behörden rechnen?

Das Auswärtige Amt verweist darauf, dass es in Syrien keine Botschaft unterhalte und deswegen keine konsularische Betreuung leisten könne. Allerdings: Das Internationale Rote Kreuz und andere Hilfsorganisationen sind regelmäßig vor Ort und könnten den Transport nach Erbil übernehmen, wo sich ein deutsches Konsulat befindet.

Auch der Bundesnachrichtendienst nimmt in Nordsyrien Befragungen gefangener ISIS-Mitglieder vor. Das Auswärtige Amt könnte den BND per Amtshilfeersuchen dazu bringen, zumindest Notfälle wie Sofia aus dem Krisengebiet herauszubringen. Neben Notfällen wie Sofia sind noch Dutzende weitere Kinder deutscher Eltern in Camps untergebracht, die von der kurdischen YPG-Miliz betrieben werden.

Nach Auskunft der NGO „Save the children“ befinden sich mittlerweile mehr als 3500 Kinder ausländischer Eltern in den kurdischen Flüchtlingscamps.

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Prekäre Versorgungslage

Die Versorgungslage vor allem im überfüllten Camp al-Hawl (Ostsyrien, Grenzregion zum Irak) ist katastrophal, da aus der umkämpften Ortschaft Baghuz allein in den vergangenen Wochen mehrere Tausend Menschen geflüchtet sind, die nun alle versorgt werden müssen, was die Kapazitäten der YPG übersteigt.

Vor wenigen Tagen erst starb das Baby der britischen ISIS-Anhängerin Shamima Begum in einem nordsyrischen Camp. Der britische Innenminister Sajid Javid hatte angekündigt, der Mutter den britischen Pass zu entziehen. Nach dem Tod des Neugeborenen hagelte es Kritik aus der Opposition: die britische Regierung hätte dem Kind Hilfe verweigert.

Unter den Kindern deutscher Eltern in den kurdischen Flüchtlingslagern gab es nach BILD-Informationen bislang noch keinen Todesfall, auch wenn einige der Kinder unter Krankheiten und Verletzungen leiden.

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Der Bundestagsabgeordnete Stephan Thomae (FDP) fordert seit Langem, dass die Bundesregierung Verantwortung für die deutschen Staatsbürger übernimmt. „Die Untätigkeit des Auswärtigen Amtes in diesem konkreten Fall entsetzt mich“, sagte Thomae zu BILD.

„Das Außenministerium muss endlich tätig werden und den Bundesnachrichtendienst per Amtshilfeersuchen beauftragen, das fünf Monate alte Baby nach Deutschland zu bringen. Nur in Deutschland hat das Kind eine Chance, die notwendige medizinische Versorgung zu bekommen, die es dringend braucht, um am Leben zu bleiben. Je länger das Auswärtige Amt nichts unternimmt und sich aus der Verantwortung stiehlt, desto mehr spitzt sich die Situation zu“, sagte der stellvertretende Fraktionsvorsitzende der FDP.

Der FDP-Politiker: „Der Eindruck, dass es dem Auswärtigen Amt am Willen fehlt, die deutschen Kinder nach Deutschland zu holen, wird durch diesen konkreten Fall nur noch verstärkt. Die Bundesregierung missachtet das Recht deutscher Staatsangehöriger auf Schutz durch den eigenen Staat. Sie nimmt damit den Tod des kranken Kindes billigend in Kauf. Gerade die Kinder, die für die Taten ihrer Eltern keine Verantwortung tragen, müssen dringend nach Deutschland geholt werden.“

Nach Auskunft der Camp-Leitung von al-Hawl gegenüber BILD befinden sich allein in diesem Flüchtlingslager mittlerweile mehr als 60 000 Flüchtlinge. In einem abgetrennten Bereich des Lagers ist inzwischen eine vierstellige Anzahl Frauen mit ihren Kindern untergebracht, die nach ihrer Flucht vor ISIS festgenommen wurde.

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