Politik

„Ich habe mit dem Leben abgeschlossen“

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Im August 2018 sagten die Ärzte Jimmy Schulz (50, FDP), dass es sich nicht mehr lohne, Weihnachtsgeschenke für seine drei Kinder zu besorgen. Mehr als drei Wochen habe er nicht mehr zu leben.

Jimmy Schulz lebt weiter – auch wenn er nicht weiß, wie lange noch. In einem bewegenden Interview mit dem „Spiegel“ sprach der Bundestagsabgeordnete über seine Krebsdiagnose und das Leben zwischen Leben und Tod.

„Ich lebe unheimlich gerne, ich liebe das Leben, aber ich habe keine Angst vor dem Tod. Das ist für mich in Ordnung, dass ich sterbe.“

Im Bundestagswahlkampf 2017 hatte er Schmerzen, erst nach der Wahl wurde er von seinem Hausarzt zu einem Spezialisten geschickt. Die Diagnose: Bauchspeicheldrüsenkrebs, eine besonders aggressive Krebsform. Zunächst seien die Ärzte zuversichtlich gewesen, dass er noch 10 oder 15 Jahre habe. „Aber als sie am 13. Februar vergangenen Jahres die Motorhaube aufgemacht haben, sah das ganz anders aus. In einer neunstündigen OP mit fünf Ärzten wurden mir Bauchspeicheldrüse, Magen, Milz und Gallenblase entfernt. Diese Tage gehören mit Sicherheit zu dem bittersten, was ich in meinem Leben erlebt habe.“

Im Juli entdeckten die Ärzte Metastasen in der Leber, eine OP war nicht mehr möglich, Schulz war zu schwach. Früher wog er 90 Kilogramm, heute nur noch 48. Auf Twitter teilte der Politiker ein Foto von sich, dass ihn sehr verändert zeigt. Selbst Parteikollegen würden ihn heute nicht immer auf den ersten Blick erkennen, so Schulz.

Fotoshooting in Aying. Mehr gibt es demnächst im @DerSPIEGEL pic.twitter.com/TbxaDM961V

— jimmyschulz (@jimmyschulz) May 31, 2019

  • Mit rührendem Tweet

    Mike Mohring (CDU) gibt seine Genesung bekannt!

    Mit einem rührenden Tweet hat Mike Mohring, Thüringens CDU-Landeschef, unzweideutig durchblicken lassen, den Krebs überwunden zu haben.

Wenig später, im August, bekam Schulz Fieber, die Ärzte gaben ihm noch drei Wochen. „Da sortiert man sein Leben, schreibt Tagebuch, schreibt ein Testament, eine Patientenverfügung. Ich habe alle Verwandten noch mal eingeladen, die besten Freunde. Ich lag ja im Krankenhaus. Ich habe viel Zeit mit Nachdenken verbracht. Und ich habe mit dem Leben abgeschlossen.“

„Ich lebe meinen Traum“

Doch Schulz überlebt die drei Wochen, er überlebt die Sommerpause im politischen Berlin und er will weiter arbeiten: „Die Ärzte haben gesagt, hören Sie doch mal auf zu arbeiten, machen Sie endlich, was ihnen Spaß macht. Aber Politik macht mir ja Spaß, ich lebe meinen Traum.“

Und so nimmt Schulz nun an Fraktionssitzungen per Videoschalte teil, ist weiter Vorsitzender des Ausschusses Digitale Agenda, bereitet im Hintergrund die Sitzungen vor. Nach Berlin schafft der Münchner es nur noch selten – und wenn, ist er sehr vorsichtig. „Öffentliche Verkehrsmittel nutze ich ganz selten, und wenn, dann nur mit Mundschutz. Das ist für die Mitreisenden beängstigend, wenn ich da im Flugzeug sitze. Neben dem Mundschutz trage ich Mütze, Kapuze und Handschuhe, weil ich ganz fürchterlich friere.“

Seine letzte Rede im Bundestag hat er am 29. November 2018 gehalten, sein Sohn saß auf der Besuchertribüne. Er weiß nicht, wie lange er noch hat, aber er hat eine bescheidene Liste, was er gerne noch erleben möchte: Segeln gehen. Motorrad fahren. Noch einmal im Bundestag sprechen. Und „ganz tolle Sachen“ mit seinen Kindern machen.

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