Politik

Erdogan laufen die eigenen Leute weg

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Schwierige Zeiten für den türkischen Präsidenten Recep Tayyip Erdogan (65)! Erst die Wahlklatsche von Istanbul – jetzt brodelt es in der eigenen Partei.

Erdogan verliert mehr und mehr Weggefährten seiner islamisch-konservativen Partei AKP. Mittlerweile gibt es sogar Gerüchte, einige Ex-Funktionäre würden die Gründung einer neuen Partei planen.

Jüngstes Beispiel: Ex-Vizeministerpräsident Ali Babacan (52) kehrt der AKP den Rücken. Er begründete seinen Austritt mit „tief greifenden Differenzen“ über die Ausrichtung der Partei.

In türkischen Medien heißt es, Babacan habe sich Ende Juni mit dem Parteivorsitzenden Erdogan getroffen. Demnach erklärte der Politiker, er werde nicht nur aus der Partei austreten, sondern wolle auch seinen Namen als Gründungsmitglied der AKP gelöscht wissen. Bei dem Gespräch soll Erdogan darauf verwiesen haben, dass vor Babacan schon andere Funktionäre die Neugründung einer Partei geplant hätten – aber ohne Erfolg.

Wie BILD aus der AKP erfuhr, soll Babacan gemeinsam mit Ex-Präsident Abdullah Gül noch dieses Jahr eine eigene Konkurrezn-Partei gründen. Neben Gül soll auch der ehemalige Finanzminister Mehmet Simsek (52), der eine sehr enge Beziehung zu Wolfgang Schäuble pflegt, in die neue Partei eintreten wollen.

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Babacan, geboren 1967, war 2001 Gründungsmitglied der AKP. Von 2002 bis 2007 war er Wirtschaftsminister, ein im Ausland angesehener Politiker. Später wurde er Außenminister und Vize-Ministerpräsident. Er war auch Chefunterhändler für die Beitrittsverhandlungen mit der EU.

Türkei-Experte Kristian Brakel von der Deutschen Gesellschaft für Auswärtige Politik meint aber: Es ist noch zu früh, vom Ende der Erdogan-Partei zu sprechen. Brakel zu BILD: „Wir müssen abwarten, was jetzt passiert. In den letzten Jahren gab es immer wieder Versuche, eine Partei zu gründen, was die natürliche Folge davon ist, dass Erdogan immer stärker wurde und andere an den Rand gedrückt hat.“

Für Brakel ist klar: „Die Niederlage in Istanbul war der Startschuss für Babacan und Gül, eine neue Partei zu gründen. Erdogan spricht jetzt sogar von Verrat und hat den Namen von Ali Babacan auf der Internetseite der AKP löschen lassen. Die AKP und Erdogan sind sehr geschwächt, aber zum jetzigen Zeitpunkt zu sagen, dass die Zeit von Erdogan endet, ist noch zu früh.“

Fakt ist: Für Erdogan läuft es derzeit nicht rund. „Wer Istanbul verliert, verliert die Türkei“ hatte er bei den Kommunalwahlen Ende März und der Wiederholungswahl in Istanbul im Juni skandiert. Trotzdem verlor seine Partei die Millionen-Metropole an die Opposition. Hinzu kommt: Die Lage der Wirtschaft ist schwierig, ständig steigen die Preise – und mit ihnen der Frust in der Bevölkerung.

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