Politik

Die Angst vor dem „politischen Tsunami“

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Theresa Mays (62) Brexit-Deal wurde vergangene Woche vom Parlament abgeschmettert. Das anschließende Misstrauensvotum überstand die britische Premierministerin nur knapp. Schon Montag soll May ihren Plan B vorstellen, über den die Abgeordneten dann am 29. abstimmen sollen.

Doch wie soll dieser aussehen?

Es wird nicht erwartet, dass May direkt einen konkreten Vorschlag vorlegt. Viel mehr ist mit einem Fahrplan zu rechnen, der angeben soll, wie am Ende doch noch ein Konsens gefunden werden kann. Am Ende dieses Prozesses müssten dann möglicherweise Nachverhandlungen mit Brüssel stehen. Erst dann könnte erneut über den Deal abgestimmt werden.

Ernsthafte Gespräche?

May will mit Opposition und Rebellen in der eigenen Partei Gespräche führen, doch es gibt Zweifel, wie ernst sie es meint. Oppositionschef Jeremy Corbyn (69) von der Labour-Partei will erst gar nicht daran teilnehmen, solange May die Option nicht ausschließt, dass es zu einem Brexit ohne Abkommen kommen könnte.

Bislang sieht es nicht danach aus, als würde May von ihren roten Linien abweichen. Nur die Brexit-Hardliner in der Tory-Partei zeigten sich zufrieden mit den Gesprächen – sie wünschen nichts sehnlicher herbei als einen brachialen EU-Austritt.

  • Das skurrilste Parlament der Welt

    Bei Brexit-Debatten bitte 2 Schwertlängen Abstand halten

    Das britische Unterhaus ist mindestens seltsam, eher skurril – und in jedem Fall Fall verdammt verwirrend. BILD klärt auf!

Die Londoner Sonntagszeitung „The Observer“ kommentiert: „Sie ist von Anfang an falsch an den Brexit herangegangen, indem sie eine nicht zu rechtfertigende kompromisslose Interpretation des Referendums von 2016 übernahm und unrealistische ,rote Linien‘ zog, die von einem grundlegenden Mangel an Verständnis für Europa und das britische Volk zeugen. (…) Nach diesen fatalen Fehlern weigerte sich May nachzugeben und verwechselte dabei Entschlossenheit mit Starrsinn.“

Tory-Hardliner und May-Kritiker Jacob Rees-Mogg (49) drängte in der Boulevardzeitung „Daily Mail“ am Sonntag die Premierministerin, erst einmal ihre eigene Partei hinter sich zu bringen. Dazu müsse sie weitere Zugeständnisse von der EU bekommen, vor allem zu den Austrittskosten sowie zur Nordirland-Frage. „So attraktiv es scheinen mag, europafreundlichen Labour-Abgeordneten die Hand reichen zu wollen, Frau May kann nur ins Ziel kommen, wenn sie die Tory-Rebellen für sich gewinnt“, so Rees-Mogg.

Spiel auf Zeit

Die meisten Abgeordneten hingegen wollen ein „No Deal“-Szenario unbedingt verhindern. Beobachter glauben deshalb, dass May noch immer auf Zeit spielt und hofft, dass ausreichend Abgeordnete ihrem Deal doch noch zustimmen werden, wenn das Land nur nahe genug an den Abgrund rückt und sich keine der vorgelegten Alternativen als mehrheitsfähig erwiesen hat.

Nach britischen Medienberichten vom Sonntag arbeiten Abgeordnete verschiedener Parteien daran, die Brexit-Entscheidung hinauszuzögern und einen ungeordneten EU-Austritt ihres Landes zu verhindern.

Welche Diskussionspunkte gibt es?

▶︎ Der Großteil der Opposition will eine engere Anbindung an die EU: Daher werden wohl die Mitgliedschaft in Zollunion und vielleicht auch am Binnenmarkt diskutiert

▶︎ Brexit-Hardliner und die nordirische DUP wollen den Backstop, also die Garantie für eine offene Grenze zwischen Irland und Nordirland, verhindern

▶︎ Einige Abgeordnete sind für eine Volksabstimmung zum Brexit-Deal, dafür müsste aber das Austrittsdatum, der 29. März, verschoben werden. Mehrere Regierungsmitglieder hatten der „Financial Times“ (Freitag) gesagt, dass eine Neuwahl denkbar sei. Regierungsmitarbeitern zufolge wurden in der vergangenen Woche Notfallpläne dafür diskutiert.

Juncker telefoniert und hält Optionen offen

Die EU hält sich zurück, aber vergangene Woche telefonierte EU-Kommissionschef Jean-Claude Juncker (64) nach offiziellen Angaben mit fast allen europäischen Hauptstädten und am Freitag schließlich auch mit Premierministerin May. Über einen Fortschritt wurde nichts bekannt.

Offiziell heißt es, dass die EU sich mit einem gemeinsamen Vorschlag aus dem britischen Parament beschäftigen wird. Dabei wird eine verlängerte Austrittsfrist ebenso wenig ausgeschlossen wir neue Verhandlungen etwa über eine Mitgliedschaft in der Zollunion.

▶︎ Laut Labour-Sprecher Keir Starmer (56) ist es „unvermeidbar“, dass Großbritannien die EU um eine Fristverlängerung bittet. Weitere Oppositionspolitiker hatten am Sonntag gesagt, es sei unwahrscheinlich, dass Großbritannien am 29. März die EU verlässt. Handelsminister Liam Fox (57) hingegen schrieb im „Sunday Telegraph“, dass ein Versagen beim Brexit in der Bevölkerung für Unmut sorgen und einen „einen politischen Tsunami“ auslösen könnte.

▶︎ Eine parteiübergreifende Gruppe arbeitet unter der Federführung der Labour-Abgeordneten Yvette Cooper (49) und des Konservativen Nick Boles (53) an einen Änderungsantrag für weitere Verhandlungen mit der EU, sollte Plan B abgelehnt werden.

▶︎ Der Konservative Dominic Grieve (62) will nach Informationen der britischen „Times“ mit einem weiteren Antrag dafür sorgen, dass Artikel 50 des EU-Vertrages zeitweise ausgesetzt wird – ebenfalls, um Zeit zu gewinnen. Der Artikel regelt den Austritt eines Landes aus der Union. Wie diese Aussetzung erfolgen soll, wurde aus dem Text nicht deutlich.

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