Politik

Das Problem sind NICHT die Seenotretter

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Es klingt so einfach, so klar, so logisch, was Sebastian Kurz in der „Welt am Sonntag“ formuliert hat.

Der jüngste Altkanzler der Welt, der laut Umfragen zur Wahl Ende September aller Voraussicht nach erneut österreichischer Kanzler werden wird, äußert sich in der „Welt am Sonntag“ zur privaten Seenotrettung und der Frage, wie mit Flüchtlingen auf dem Mittelmeer umgegangen werden sollte.

Kurz: „Wenn wir sicherstellen, dass jeder, der sich illegal auf den Weg macht, zurückgebracht wird in sein Herkunftsland oder in ein Transitland, werden wir die illegale Migration stoppen, das Geschäft der Schlepper zerstören und das Wichtigste: das Ertrinken im Mittelmeer endlich beenden.“

Kurz sagt das schon seit Jahren – und ignoriert dabei völlig, was in Libyen, dem Land, aus dem sich immer noch Zehntausende pro Jahr auf den Weg nach Europa machen, passiert.
Am Dienstag hatten zwei Luftangriffe ein Flüchtlingslager im Osten der Hauptstadt Tripolis getroffen. Mindestens 53 Menschen starben. Die Regierung machte General Haftar für den Angriff verantwortlich.

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Ich war als Reporter in den vergangenen Jahren mehrfach in Libyen. Es braucht keine Luftangriffe, um zu erkennen, in welch schlimmer Lage die Flüchtlinge dort sind. Selbst die offiziellen, die „guten“ Internierungslager, sind in einem dramatischen Zustand: Flüchtlinge sitzen dort eingepfercht wie Tiere, es gibt keine Toiletten, zu wenig Wasser, Krankheiten breiten sich aus.

Noch dramatischer ist das, was Flüchtlinge bei Schleppern erleben: Gewalt, Vergewaltigungen, sogar Sklaverei findet statt.

Und Europa? Schaut zu!

Wenn Sebastian Kurz und andere in der EU es ernst meinen, dann müssten sie für Frieden, für Rechtsstaatlichkeit in Libyen sorgen – und das geht im Zweifel nur mit UN-Truppen.
Aber solange Europa sich raushält, schmutzige Deals mit Warlords eingeht, ist die Kritik an privaten Seenotrettern zynisch. Nicht die Freiwilligen, die Menschen vor dem Ertrinken retten, sind das Problem, sondern die, die ihnen in Libyen und anderswo Gewalt antun.

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Auch das Argument, die Seenotretter würden Flüchtlinge erst motivieren, auf Boote zu gehen, ist absurd. Wenn ich mit Menschen in Libyen spreche, dann wollen sie nur eins: Raus aus dem Land! Sie haben schon so viel erlebt, dass ihnen das Risiko auf dem Meer noch als das geringste Übel erscheint.

Die platten Debatten zur Seenotrettung wiederholen sich seit Jahren. Aber es gibt für die Flüchtlings-Krise keine einfache Lösung, wenn wir nicht unsere Werte verraten wollen.

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