Wissen und Technik

Das BIG wird in die Charité integriert

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Jetzt ist offiziell: Das Berliner Institut für Gesundheitsforschung wird in die Charité integriert, der Bund steigt in die Finanzierung des Klinikums ein.

Die Charité wird nun zur “Mutter” des Berliner Instituts für Gesundheitsforschung. Bislang war es formell andersherum.

Der Weg ist endlich frei für einen Neustart beim Berliner Institut für Gesundheitsforschung (BIG), einem der wichtigsten Prestigeprojekte der Berliner Wissenschaft. Das Institut wird in die Charité integriert, der Bund steigt damit erstmals direkt in die Grundfinanzierung eines Universitätsklinikums ein – und das mit einem hohen zweistelligen Millionenbetrag. Auf den Entwurf einer entsprechenden Verwaltungsvereinbarung haben sich der Bund und das Land Berlin jetzt geeinigt. Die Integration des BIG in die Charité sichere “die bestmögliche Basis für seine zukünftige Arbeit”, erklärte der Regierende Bürgermeister und Wissenschaftssenator Michael Müller (SPD) am Freitag.

Das BIG wird demnach zur „dritten Säule“ der Charité neben Medizinischer Fakultät und der Krankenversorgung durch das Klinikum. Die seit der Gründung des Instituts im Jahr 2013 bestehende Förderung wird unbefristet “in mindestens der bisherigen Höhe” festgeschrieben, wie es in dem 21-seitigen Vereinbarungstext heißt. In diesem Jahr erhält das BIG 75 Millionen Euro vom Bund und acht Millionen vom Land Berlin.

Führungsquerelen des Instituts sollen gelöst werden

Die Hauptaufgabe des BIG ist die „translationale Forschung“: Fortschritte der Grundlagenforschung sollen effektiver in Therapien übersetzt werden. So arbeiten BIG-Forscherinnen und -Forscher bereits daran, Erkrankungen der Herzgefäße und Krebserkrankungen des Nervensystems besser heilen zu können. Der Grundstein für den Neuanfang des BIG war wie berichtet bereits im vergangenen Juni gelegt worden. Damals beschloss der Aufsichtsrat, eine Integration des Instituts in die Charité einzuleiten. Damit sollten jahrelange Führungsquerelen des Instituts aufgelöst werden.

Grund für die Konflikte war die komplizierte Gründungskonstruktion des BIG. Die millionenschwere Bundeshilfe für die Berliner Gesundheitsforschung konnte zunächst nur über das außeruniversitäre Max-Delbrück-Centrum (MDC) organisiert werden, Teile der Forschung von Charité und MDC mussten also bei der Gründung fusionieren. In der Folge fungierte das BIG als „Mutter“ von Charité und MDC – was vor allem aus Sicht der Charité die Verhältnisse völlig auf den Kopf stellte. 2017 verließ nach einem Richtungsstreit der damalige Vorstandsvorsitzende das Institut, das seitdem interimsmäßig geleitet wird, aktuell durch Charité-Dekan Axel Pries.

Der Bund fürchtete, die Charité könne die Mittel zweckentfremden

Die direkte dauerhafte Finanzierung einer universitären Einrichtung durch den Bund wurde erst 2015 durch eine Grundgesetzänderung möglich. Diese Option wird jetzt erstmals bundesweit angewandt – eine wissenschaftspolitisch wegweisende Entscheidung also. Noch muss die Gemeinsame Wissenschaftskonferenz von Bund und Länder die Vereinbarung einstimmig verabschieden, diese soll voraussichtlich Anfang Juli in die GWK eingebracht werden. Die erforderlichen landesgesetzlichen Regelungen sollen “schnellstmöglich 2020” in Kraft treten, heißt es in einer gemeinsamen Erklärung von Müller und Bundesforschungsministerin Anja Karliczek (CDU).

Die Verhandlungen zogen sich auch wegen Bedenken von Seiten des Bundes in die Länge, die Charité könne die Bundesförderung etwa für die Krankenversorgung zweckentfremden. Bundesforschungsministerin Anja Karliczek (CDU) hatte als Alternative auch eine Entkopplung des BIG von Charité und MDC prüfen lassen, was aber bereits im November 2018 vom Tisch war. Den Bedenken soll jetzt dahingehend Rechnung getragen werden, dass das BIG zwar wissenschaftlich in die Charité integriert wird, aber einen eigenen Wirtschaftsplan erhält. Der Bund bekommt einen Sitz im Aufsichtsrat der Charité, auch das ein Novum bundesweit. Die wirtschaftliche Unabhängigkeit des BIG von der Charité wahre die Interessen des Bundes, erklärte Karliczek. Zudem verpflichtet sich Berlin, die Landeszuschüsse für die Charité nicht abzusenken.

Bald soll die Suche nach einem neuen Direktor beginnen

Axel Pries, der interimsmäßige BIG-Vorstandsvorsitzende, sagte auf Anfrage, die Einigung sei “sehr positiv”: “Jetzt haben alle Beteiligten die klare Perspektive, die in der letzten Zeit fehlte.” Die neue Strukturwerde anders als die alte “im Alltag sicher gut umsetzbar sein”.

Geführt soll das BIG künftig von einem wissenschaftlichen Direktor, dieser wird auch in den Vorstand der Charité aufrücken. Hinzu kommt ein administratives Mitglied in der BIG-Führung. “Wenn die Verwaltungsvereinbarung durch die GWK ist, können wir mit der Suche nach einem neuen wissenschaftlichen Direktor beginnen”, sagte Berlins Wissenschaftsstaatsekretär Steffen Krach (SPD).

Das MDC wird privilegierter Partner

Axel Pries denkt, gerade die Finanzhoheit für das BIG werde bei der Suche nach einem neuen Direktor oder einer neuen Direktorin hilfreich sein: „Das wird eine der attraktivsten Wissenschaftspositionen in Deutschland.“ Gesucht werden müsse eine Person, die ein Verständnis für den komplizierten Hintergrund des Instituts mitbringe und dieses mit „psychologischem Geschick“ leiten könne.

Das Max-Delbrück-Centrum soll künftig privilegierter Partner des BIG werden. Auch MDC-Vorstand Martin Lohse begrüßte die Einigung am Freitag. Er mahnte aber, dass die Partnerschaft jetzt ausgestaltet werden müsse, möglichst noch in der Verwaltungsvereinbarung, die entsprechend ergänzt werden müsse. Auch das MDC brauche Planungssicherheit.

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