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Bratwurstmuseum oder KZ-Gedenkort?

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Das Deutsche Bratwurstmuseum soll im nordthüringischen Mühlhausen eine neue Heimat finden. Dagegen spricht erst einmal nichts. Doch muss dafür ausgerechnet das Areal eines ehemaligen KZ-Außengeländes genutzt werden?

Plastikbratwürste auf einem Stahlrost aus DDR-Zeiten – am alten Standort des Bratwurstmuseums in Holzhausen

Der geplante Umzug des Deutschen Bratwurstmuseums auf das Gelände eines ehemaligen Außenlagers des Konzentrationslagers Buchenwald am Stadtwald der nordthüringischen Stadt Mühlhausen sorgt für Diskussionen. Der Sprecher der Stiftung Gedenkstätten Buchenwald und Mittelbau-Dora, Rikola-Gunnar Lüttgenau, sprach angesichts der Neubaupläne auf den Ruinen des KZ-Außengeländes von einer “mangelnden Sensibilität” und “mangelndem Geschichtsbewusstsein”.

Laut Lüttgenau wurde das KZ-Außenlager im September 1944 für bis zu 700 polnische und ungarische Jüdinnen geschaffen, die im nahen Rüstungsbetrieb arbeiteten. Die Frauen seien aus Auschwitz nach Mühlhausen transportiert worden mit der Drohung, dass sie nach Auschwitz zurückgeschickt würden, wenn sie nicht mehr arbeitsfähig seien. Im Februar 1945 sei das Außenlager aufgelöst, und die Insassen seien auf Todesmärsche geschickt worden.

Scharfe Kritik kam auch vom Vorsitzenden der Jüdischen Landesgemeinde, Reinhard Schramm: “Ein Standpunkt auf der Fläche einer ehemaligen Baracke jüdischer Zwangsarbeiterinnen ist nicht akzeptabel.” Zwar wolle man keinesfalls verhindern, dass ein neues Bratwurstmuseum gebaut werde. Allerdings sei es wünschenswert, dass ein anderer Standort innerhalb Mühlhausens gefunden werde.

Trägerverein gibt sich ahnungslos

Das Bratwurstmuseum hat bislang seinen Standort in Holzhausen bei Arnstadt und soll von dort nach Mühlhausen umziehen. Das hatte der Verein der Freunde und Förderer der Thüringer Bratwurst am Mittwoch angekündigt. Dort gebe es “ideale Standortbedingungen” und mehr Platz.

Einen Tag später zeigte sich der Trägerverein überrascht. Von der ehemaligen Nutzung des Geländes habe man nichts gewusst. Der Verein sei bereit, auf dem Gelände Raum für Erinnerung zu schaffen. In welcher Form ist noch nicht klar. Denkbar seien unter anderem Stolpersteine oder eine Gedenktafel.

Bratwursttheater und Schauverwurstung

Zu dem geplanten Museumsneubau gehören laut Trägerverein auch gastronomische Einrichtungen und “Erlebnisstandorte” wie ein Bratwursttheater. Geplant sind demnach am neuen Standort unter anderem auch eine Schauverwurstung und Übernachtungsmöglichkeiten. Ein privater Investor will demnach in den kommenden Jahren einen siebenstelligen Betrag in das Projekt in Mühlhausen stecken.

Ihm gehöre das Gelände am nordöstlichen Rand des Stadtwalds seit 2008, bestätigte die Sprecherin der Stadt Mühlhausen. Zuvor habe sich das Gelände im Besitz des Bundes befunden. Stadtsprecherin Anke Pfanstiel fügte hinzu, Oberbürgermeister Johannes Bruns (SPD) sei aufgrund der aktuellen Diskussion in Gesprächen mit der jüdischen Landesgemeinde und der Stiftung Gedenkstätten Buchenwald und Mittelbau-Dora. Es solle gemeinsam überlegt werden, wie mit dem Thema sensibel umgegangen werden könne. Um das Bratwurstmuseum bauen zu können, muss der Flächennutzungsplan am Stadtwald geändert werden.

Das Konzentrationslager Buchenwald bei Weimar war ab Juli 1937 von den Nationalsozialisten errichtet worden. Bis zur Befreiung des Lagers im April 1945 wurden dort und in den 139 Außenlagern fast 280.000 Menschen unter schrecklichen Bedingungen eingesperrt. Mehr als 56.000 von ihnen wurden ermordet oder starben an Krankheiten, Hunger oder medizinischen Experimenten.

qu/kle (dpa, afp, ape, MDR)

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